<strong>Entwicklung</strong> <strong>des</strong> <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierungsrechts</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>Alters nicht im H<strong>in</strong>blick auf Beschäftigung, Bed<strong>in</strong>gungen für Bezahlung und Entlassung von Jugendlichen unter 15 Jahren, da ihreBeschäftigung nicht durch e<strong>in</strong>en Tarifvertrag geregelt wird.Die Umsetzung der Altersbestimmungen der Richtl<strong>in</strong>ie zur Gleichbehandlung <strong>in</strong> Beschäftigung und Beruf ist noch nicht abgeschlossen.Artikel 6 der Richtl<strong>in</strong>ie erlaubt die Rechtfertigung sowohl von unmittelbarer als auch von mittelbarer Altersdiskrim<strong>in</strong>ierung. Die meistenMitgliedstaaten haben sich für diese Option entschieden. Folglich herrscht <strong>in</strong> allen Mitgliedstaaten nach wie vor große Ungewissheitdarüber, welche Formen von Altersdiskrim<strong>in</strong>ierung von den nationalen Gerichten als gerechtfertigt angesehen werden. In der RechtssacheMangold/Helm ( 39 ) wies der EuGH bereits früh darauf h<strong>in</strong>, dass unmittelbar diskrim<strong>in</strong>ierende Praktiken von den nationalen Gerichtensorgfältig geprüft werden müssen. E<strong>in</strong>e entscheidende Frage ist die Rechtfertigung für e<strong>in</strong> vorgeschriebenes Ruhestandsalter. Nationalwird dies sehr unterschiedlich gehandhabt, und die Praxis reicht von Staaten, die ke<strong>in</strong> Ruhestandsalter vorschreiben (z. B. TschechischeRepublik), bis h<strong>in</strong> zu Staaten, die bei öffentlichen und privaten Arbeitgebern e<strong>in</strong>en vorgeschriebenen Ruhestand ab e<strong>in</strong>em bestimmtenAlter erlauben (z. B. Italien). Diese Fragen werden <strong>in</strong> Abschnitt 6 (g) dieses Berichts noch weiter untersucht.G. Vermutete und assoziierte Diskrim<strong>in</strong>ierungManchmal kann e<strong>in</strong>e Diskrim<strong>in</strong>ierung aufgrund e<strong>in</strong>er Vermutung über e<strong>in</strong>e andere Person auftreten, die tatsächlich korrekt se<strong>in</strong> kannoder auch nicht, beispielsweise, dass e<strong>in</strong>e Person e<strong>in</strong>e Beh<strong>in</strong>derung hat. Andererseits kann e<strong>in</strong>e Person diskrim<strong>in</strong>iert werden, weil siemit Personen assoziiert wird, die e<strong>in</strong> besonderes Merkmal aufweisen. So wird z. B. e<strong>in</strong>em Mann, der nicht zur Geme<strong>in</strong>schaft der Romagehört, der Zugang zu e<strong>in</strong>er Bar verwehrt, weil er sie zusammen mit Freunden, die zur Geme<strong>in</strong>schaft der Roma gehören, besuchenmöchte. In vielen Mitgliedstaaten enthalten die Rechtsvorschriften zur Nichtdiskrim<strong>in</strong>ierung nicht ausdrücklich Lösungen für derartigeSzenarien, die sie weder vorsehen noch ausdrücklich verbieten. So wird es von der künftigen Rechtsprechung abhängen, wie dieseausgelegt werden. Dies gilt für Dänemark, F<strong>in</strong>nland, Italien, Lettland, Malta, Polen, Rumänien, Slowenien, Spanien und Zypern.Irland stellt e<strong>in</strong> seltenes Beispiel hierfür dar, denn dort wird durch die Rechtsvorschriften ausdrücklich e<strong>in</strong>e Diskrim<strong>in</strong>ierung verboten,wenn vermutet wird, dass e<strong>in</strong> Diskrim<strong>in</strong>ierungsgrund vorliegt, oder wenn die Diskrim<strong>in</strong>ierung wegen e<strong>in</strong>er Assoziierung erfolgt ( 40 ).Auch <strong>in</strong> Bulgarien verbietet das Gesetz zum Schutz vor Diskrim<strong>in</strong>ierung ausdrücklich e<strong>in</strong>e Diskrim<strong>in</strong>ierung aus angenommenenoder vermuteten Gründen und e<strong>in</strong>e Diskrim<strong>in</strong>ierung aufgrund von Assoziation ( 41 ). Wie bereits erwähnt, wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Staatenauf e<strong>in</strong>e „tatsächliche oder vermutete“ Rasse (z. B. <strong>in</strong> Frankreich) oder auf e<strong>in</strong>e Beh<strong>in</strong>derung, die <strong>in</strong> der Vergangenheit bestand oderkünftig bestehen könnte (<strong>in</strong> den Niederlanden), Bezug genommen. Das im Jahr 2005 <strong>in</strong> Österreich verabschiedete Beh<strong>in</strong>dertengleichstellungsgesetzdehnt den Schutz auf Verwandte aus, die beh<strong>in</strong>derte Menschen betreuen. Dies wird auch im Gesetz über dieE<strong>in</strong>stellung und Beschäftigung Beh<strong>in</strong>derter dargelegt, das enge Verwandte mit Betreuungsverantwortung schützt.( 39 ) Rechtssache C-144/04, Slg. 2005, I-9981.( 40 ) Paragraf 6 Absatz 1 Buchstabe b <strong>des</strong> Employment Equality Act 1998-2004.( 41 ) Zusätzliche Bestimmungen, Paragraf 1.8. Siehe auch Urteil <strong>des</strong> EuGH vom 17. Juli 2008 <strong>in</strong> der Rechtssache C-303/06, Coleman gegen AttridgeLaw, Steve Law, Slg. 2006, ABl. C 237/6.November 200924
Darüber h<strong>in</strong>aus wird <strong>in</strong> den Erläuterungen zum österreichischen Gleichbehandlungsgesetz ausdrücklich ausgeführt, dass „derGrundsatz der Gleichbehandlung unabhängig von der Tatsache anwendbar ist, ob die Gründe für die Diskrim<strong>in</strong>ierung tatsächlichgegeben oder nur angenommen s<strong>in</strong>d“. Dies spiegelt sich auch <strong>in</strong> der Rechtsprechung wider. Die Diskrim<strong>in</strong>ierung durch Assoziierungwird <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em österreichischen Bun<strong>des</strong>gesetz ausdrücklich <strong>in</strong> H<strong>in</strong>blick auf Diskrim<strong>in</strong>ierungsgründe mit Ausnahme von Beh<strong>in</strong>derungbehandelt, und es ist daher Aufgabe der Gerichte, für e<strong>in</strong>e klare Auslegung zu sorgen. In der Def<strong>in</strong>ition der unmittelbarenDiskrim<strong>in</strong>ierung <strong>in</strong> der flämischen Rahmenverordnung vom 10. Juli 2008 <strong>in</strong> Belgien wird ausdrücklich zum Ausdruck gebracht, dasssie im Fall e<strong>in</strong>er Diskrim<strong>in</strong>ierung aufgrund von angenommenen Merkmalen anwendbar ist.25 November 2009