Entwicklung des Antidiskriminierungsrechts in Europa - European ...

Entwicklung des Antidiskriminierungsrechts in EuropaA. Gerichtliche und administrative VerfahrenIn Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie 2000/43/EG und Artikel 9 Absatz 1 der Richtlinie 2000/78/EG heißt es: „Die Mitgliedstaaten stellensicher, dass alle Personen, die sich durch die Nichtanwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes in ihren Rechten für verletzthalten, ihre Ansprüche aus [diesen Richtlinien] auf dem Gerichts- und/oder Verwaltungsweg sowie, wenn die Mitgliedstaaten es fürangezeigt halten, in Schlichtungsverfahren geltend machen können, selbst wenn das Verhältnis, während dessen die Diskriminierungvorgekommen sein soll, bereits beendet ist.“ In keinem Mitgliedstaat werden Diskriminierungsstreitigkeiten ausschließlich vor Gerichtgelöst. Alle Staaten verbinden Gerichtsverfahren, je nachdem, ob es sich um das Zivil-, Straf-, Arbeits- oder Verwaltungsrecht handelt,mit außergerichtlichen Verfahren. Vermittlungs- oder Schlichtungsverfahren stehen beispielsweise in Frankreich, Portugal undSpanien als verpflichtender Teil des Gerichtsverfahrens zur Verfügung, in Ungarn und der Slowakei sind sie dagegen separat möglich.Einige Verfahren stehen ausschließlich Klägern aus dem Privatsektor oder dem öffentlichen Sektor offen, andere auch beiden.Einige außergerichtliche Verfahren sind allgemein, bieten aber ein effektives Forum für Diskriminierungsfälle, wohingegen anderespeziell für Diskriminierungsfälle als alternative, ergänzende Möglichkeit zu normalen Gerichten für die Regelung von Streitfällenins Leben gerufen wurden. Zu den allgemeinen außergerichtlichen Verfahren zählen Aufsichtsbehörden, Ombudsleute und Institutefür Menschenrechte.In Finnland, Frankreich, Griechenland, Lettland, Litauen, Polen, Portugal, Spanien und Ungarn haben Arbeitsaufsichtsbehördendie Aufgabe, das Arbeitsrecht einschließlich der Gleichbehandlungsbestimmungen durchzusetzen. Darüber hinaus sind im litauischenArbeitsrecht Ausschüsse für Streitfälle im Beschäftigungsbereich die erste Anlaufstelle für die Lösung solcher Streitfälle. DieVerantwortung für die Einrichtung eines solchen Ausschusses in einem Unternehmen, einer Behörde oder einer Organisation liegtbeim Arbeitgeber. Die Ausschüsse setzen sich aus einer gleichen Anzahl von Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern zusammen.Die Schlichtungsstelle kann einer Person in einem Diskriminierungsfall, der gemäß Arbeitsrecht untersagt ist, eine Entschädigungzusprechen. In Spanien können Opfer auch Beschwerde bei der Bildungsaufsichtsbehörde einreichen, und in Ungarn können siesich an die Verbraucherschutzbehörde wenden.Das lettische nationale Amt für Menschenrechte ( 75 ) untersucht und prüft Beschwerden in Bezug auf Menschenrechtsverletzungenund versucht, Konflikte durch Schlichtung zu lösen. Gelingt dies nicht, gibt es unverbindliche Empfehlungen ab. In Bulgarien kannder Ausschuss zum Schutz vor Diskriminierung eine Diskriminierung feststellen und vorbeugende oder abhelfende Maßnahmenanordnen. Er kann außerdem Geldstrafen verhängen, dem Opfer jedoch keine Entschädigung zusprechen. Dieses Verfahren lässt sichsowohl auf den öffentlichen als auch auf den Privatsektor anwenden. In Zypern kann der Verwaltungskommissar (Ombudsmann)rechtsverbindliche Entscheidungen treffen und im Falle der Nichtbefolgung auch kleinere Geldbußen verhängen. In der Praxissind diese Entscheidungen jedoch Empfehlungen, die zwar nicht bindend sind, aber in der Regel eingehalten werden, zumindest( 75 ) Derzeit Umorganisation in eine Ombudsstelle mit umfangreicheren Befugnissen.November 200962