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Devran_Kommunikation_Sprache_und_soziales_Milieu_2013 ... - IDS

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‛Mensch Meier’ – Arbeiter is Arbeiter 209OTTO (schaut) Bei der Bank hätt ich dich halt lieber gsehn.LUDWIG Als Maurer verdien ich mehr wie als Bankbote.OTTO Aber als Arbeiter bist ein Arsch, machst dich schmutzig von derFrüh bis auf die Nacht. Und wennst wo hineingehst in ein Lokal, siehtsdie Kellnerin an deine Händ: Das is kein feiner Mann.LUDWIG Du bist doch auch ein Arbeiter <strong>und</strong> sogar bloß ein anglernter.OTTO Leider.(Kroetz 1999, S. 55).Ludwig zeigt auch dem Vater gegenüber eine realistische Einschätzung seinerChancen auf dem Arbeitsmarkt. Auf Ottos Berufswunsch, die Stellung bei derBank, antwortet er: Als Maurer verdien ich mehr wie als Bankbote. Ludwigerkennt, dass er bei seinen schulischen <strong>und</strong> sozialen Voraussetzungen in derBankhierarchie nur eine der unteren Stellen besetzen könnte, die eines Bankboten.Der ist zwar ein Angestellter in Hemd, Anzug <strong>und</strong> Krawatte, aber einäußerst schlecht bezahlter mit einem geringen Sozialprestige. Darauf hält Ottoihm die offensichtlichen Nachteile entgegen, mit denen Ludwig als zukünftigerMaurerlehrling rechnen müsste: Seine Arbeit wird schmutzig <strong>und</strong> körperlichhart sein <strong>und</strong> sichtbare Spuren an seinem Körper hinterlassen, die auchdurch gute Kleidung nicht überdeckt werden können. Den Arbeiter erkenntman immer, er kann nie als feiner Mann eingeschätzt werden. Auf LudwigsVorhaltung, dass Otto selbst doch auch ein Arbeiter sei, <strong>und</strong> zwar nur ein angelernter,gesteht Otto dem Sohn gegenüber seine geringe Selbsteinschätzungein: leider (bin ich nur ein angelernter Arbeiter). Ottos Position im Gesprächmit dem Sohn charakterisiert Reinhold (1985, S. 239) folgendermaßen:[Ottos] Vorstellung von einer Persönlichkeit, die man zu sein hat, nimmt vorgegebeneIndividualitätsmuster an <strong>und</strong> verbindet sie mit den Angeboten derKonsumgesellschaft, die sich jedoch [...] im Mangel als verinnerlichtes Minderwertigkeitsbewußtseinbei ihm niederschlagen. 148148Nach Reinholds literaturwissenschaftlichen Erläuterungen (1985, S. 238) ist der Einsatzvon sprichwörtlichen Redewendungen im Spätwerk Kroetz' „vielschichtiger <strong>und</strong> differenzierter“geworden, in dem er sich auf die durch die Werbung vermittelte <strong>und</strong> von den Figurenverinnerlichte „klischeehafte Freiheitsideologie“ erstreckt. In ‘Oberösterreich’ (1972)stellt der Vater den Anspruch nach sozialem Aufstieg, der auch noch für den ungeborenenSohn gilt <strong>und</strong> den der Vater in ‘Mensch Meier’ (1975) vom Sohn fordert, der nicht bloß einArbeiter, sondern etwas Besseres werden soll.

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