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Devran_Kommunikation_Sprache_und_soziales_Milieu_2013 ... - IDS

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Das Konzept des sozialen Dramas 47Daß das individuelle Subjekt nur in einer gesellschaftlichen <strong>und</strong> sprachlichenSituation, also inmitten von vorkonstruierten Soziolekten <strong>und</strong> Diskursen, agieren<strong>und</strong> sprechen kann, versteht sich von selbst. Es käme darauf an, das wachsendeoder schrumpfende Ausmaß an Freiheit zu erkennen, das es in verschiedenenhistorischen Konstellationen beanspruchen kann. 41Absolute Freiheit bzw. autonomes Handeln gibt es nicht. Man kann höchstensvon einem Autonomiepostulat sprechen, sofern es wie in der idealisiertenWelt des klassischen Theaters z.B. von den idealen Charakteren Iphigenieoder Maria Stuart gefordert wird. Während sich Iphigenie lange Zeit von Orest<strong>und</strong> Pylads bis zum Fluchtversuch beeinflussen lässt, kann sie das betrügerischeIntrigennetz ihres Bruders, in das sie sich selbst verstrickt hat, nur durchdie Kraft ihres Wortes lösen. Die Figuren des sozialen Dramas dagegen bleibeneingeb<strong>und</strong>en im historischen Kontext, bestimmt von der Gemeinschaft,Familie, Kirche <strong>und</strong> dem Stand oder von den gesellschaftlichen Normen,Konventionen <strong>und</strong> Gesetzen.Dürrenmatt (1966, S. 122) äußert sich entsprechend:Wo es keine tragischen Helden <strong>und</strong> nur Durchschnittstypen gibt, wo nicht dieVeranwortung allein beim Einzelnen liegt, sondern die gesellschaftlichen Umständedie Entscheidungen des Einzelnen bestimmen, da kann es auch keineTragödien geben.So wird Wagners Evchen Humbrecht zur Kindermörderin „aus Angst vor deröffentlichen Schande“ (Luserke zitiert nach Elm 2004, S. 73). Sie fürchtet alsUnverheiratete den gesellschaftlichen Druck, den Verlust ihrer Sicherheit <strong>und</strong>gesellschaftlichen Position. Hinzu kommt die Furcht vor der Todesstrafe alsKindermörderin.2.3 Die Figuren als soziale HandlungsträgerDie persona dramatis des sozialen Dramas ist der zeitgenössische Mensch,ein „Mischmasch“ (Damm (Hg.) 1987, S. 703), ein „zusammengesetztes Wesen“(ebd., S. 500), das geprägt ist von den Institutionen, Normen <strong>und</strong> Kon-41Foucault (zitiert nach Zima 2007, S. 81): „Vielmehr gilt es zu fragen: Wie, unter welchenBedingungen <strong>und</strong> in welchen Formen kann so etwas wie ein Subjekt in der Ordnung desDiskurses erscheinen? Welchen Platz kann es im jeweiligen Diskurstyp einnehmen, welcheFunktionen kann es ausüben in Übereinstimmung mit welchen Regeln? Kurzum, es gehtdarum, das Subjekt (oder sein Substitut) seiner Rolle als ursprünglicher Begründer (fondementoriginaire) zu entledigen <strong>und</strong> es als variable <strong>und</strong> komplexe Diskursfunktion zuanalysieren.“

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