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Devran_Kommunikation_Sprache_und_soziales_Milieu_2013 ... - IDS

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‛Mensch Meier’ – Arbeiter is Arbeiter 261jedoch durchaus für möglich, dass es jenseits der individualisierten Lebensformen<strong>und</strong> Lebenslagen zur „Entstehung neuer soziokultureller Gemeinsamkeiten“kommen kann, zu einer „sek<strong>und</strong>ären Gemeinschaftsbildung“ (Beck1986, S. 119). Auf eine solche neue Form der Vergemeinschaftung scheintMarthas Äußerung hinzuweisen, die entstehen kann, nachdem sie <strong>und</strong> ihrSohn den Weg in die Eigenständigkeit gegangen sind.Eine ähnliche Deutung findet sich auch in der literaturwissenschaftlichen Forschung.Marthas Dringen auf Selbstständigkeit wird als Loslösung aus dertraditionellen Mutterrolle gesehen. Für Aust (1989, S. 330), der Martha als„normal, ehrlich, praktisch“ charakterisiert, wird sie nach dem Ausstieg ausder Mutterrolle zunächst zur „Antimutter“; „Sie dringt auf die Korrektur ihreseigenen Verhaltens“ ebenso wie auf das des Sohnes. Erst nach einer Phase des„Lernens“ sieht sie die Möglichkeit des Wieder-Zusammenlebens, in dem sichdie Personen „als Menschen begegnen <strong>und</strong> achten, <strong>und</strong> nicht mehr als Ausführendevorgegebener Geschlechter- <strong>und</strong> Familienrollen“.Ludwig hat mit Marthas Forderung nach Selbstständigkeit offensichtlich keinProblem; er ist bereits von zuhause ausgezogen, lebt in einer Sammelunterkunftfür Arbeiter <strong>und</strong> verdient seinen Lebensunterhalt. Doch die Frage Undder Papa? zeigt seine Sorge um den Vater. Darauf erwidert Martha achselzuckend<strong>und</strong> ruhig: Muß es auch. Für Martha steht außer Frage, dass das, was sievon sich <strong>und</strong> Ludwig fordert, auch für Otto gilt: Er muss ebenfalls lernen.Lernen ist das letzte Wort des Stückes, es ist die Voraussetzung für ein neues,eigenständiges Leben. Aust (1989, S. 330) formuliert das so:Martha <strong>und</strong> Ludwig lernen, sich privat <strong>und</strong> beruflich ‚auf die eignen Füß’ zustellen [...]. Auch Otto Meier wird dies in Zukunft tun müssen, jenseits desStückhorizonts; in der Gegenwart des Stückes ist er aber noch nicht so weit. 213Um mit Beck (1986, S. 217) zu sprechen, bedeutet das, Initiative zu ergreifen,sein Leben selbst in die Hand zu nehmen <strong>und</strong> zu „lernen, sich selbst als Handlungszentrum,als Planungsbüro in Bezug auf seinen eigenen Lebenslauf, seineFähigkeiten, Orientierungen, Partnerschaften usw. zu begreifen.“ Das213Aust (1989, S. 329) erläutert die von Kroetz in ‘Mensch Meier’ aufgezeigte Entwicklung,„indem die Figuren die Grenzen ihres Denkens <strong>und</strong> Handelns, die Bedingungen ihrer Abhängigkeitzu entdecken beginnen <strong>und</strong> nach neuen Lebensmöglichkeiten suchen. Wennman will, kann man in Ludwig das erwachsen <strong>und</strong> selbständig werdende Kind aus Oberösterreichsehen, das lernt, daß trotz aller Bemühungen der Eltern die Familienverhältnisseletztlich auch nur das nicht veränderbare ökonomische <strong>und</strong> gesellschaftliche System reproduzieren<strong>und</strong> der soziale Aufstieg Illusion bleibt“.

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