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Devran_Kommunikation_Sprache_und_soziales_Milieu_2013 ... - IDS

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‛Heimarbeit’ – Ein Kind ist kein Unglück 99Die im Hintergr<strong>und</strong> zu hörende Unterhaltungsmusik im Sender AFN gibt einenHinweis auf die lokale <strong>und</strong> zeitliche Einordnung des Stückes <strong>und</strong> auf diegeschmackliche Ausrichtung des Medienkonsums der Familie: AFN (AmericanForces Network) war der Sender der in Süddeutschland stationierten amerikanischenArmee in den sechziger Jahren des vergangenen Jahrh<strong>und</strong>erts.Dessen Musikprogramm wurde vorwiegend von der Unterschicht konsumiert,obwohl sie in der Regel die englische <strong>Sprache</strong> nicht beherrschte. In der Mittelschichtbewertete man den Sender abschätzig als „Ami-Sender“ <strong>und</strong> seineUnterhaltungsmusik als „Negermusik“.Bourdieu (siehe Kapitel 3.2.2) ordnet den unteren Schichten, den Arbeitern<strong>und</strong> Bauern, den volkstümlichen Geschmack zu, der die Dinge als selbstverständlichhinnimmt, „<strong>und</strong> ihren Wert danach beurteilt, was man praktisch damitanfangen kann. Es ist ein Habitus, der die Dinge gar nicht weiter ästhetisiert,sondern schlicht auf ihre Funktionalität, ihren praktischen Zweck [...]beurteilt“ (Abels 2009, S. 313). Zu dem volkstümlichen Geschmack gehörtauch die Präferenz für einfache, eingängige Melodien, wie sie zum Beispiel inUnterhaltungs- <strong>und</strong> Schlagermusik zu finden sind.Bereits im ersten Bild wird im Umgang der Personen miteinander die Brüchigkeitdes traditionellen Familienmodells aufgezeigt (vgl. Bott 1956). Nach diesemModell verdient der Ehemann den Lebensunterhalt für die Familie, dieEhefrau ist verantwortlich für die Haushaltsführung <strong>und</strong> die Kinderbetreuung.In der in ‘Heimarbeit’ gezeigten Familie dagegen ist diese Arbeitsteilung gestört.Marthas „hektische“ <strong>und</strong> „nervöse“ Arbeitsbewegungen im Kontrast zuWillys „gleichmäßigen“ <strong>und</strong> „Kräfte sparenden“ Bewegungen zeigen rein visuelldie Arbeitsüberlastung der Frau <strong>und</strong> deuten auf familiäre Spannungen hin.Der Dialog im ersten Bild (Kroetz 2006, S. 13) führt die aktuelle Rollenverteilungin der Familie vor:1 WILLY Was haben mir zum Essen?2 MARTHA Mußt die Monika fragen.3 WILLY Monika, was haben mir zum Essen?4 MONIKA (hört nicht.)5 WILLY Was mir zum Essen haben!6 MONIKA Kartoffeln hast von Zumittag übrig lassen. Die sind da.Und Fleisch nicht mehr.

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