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Devran_Kommunikation_Sprache_und_soziales_Milieu_2013 ... - IDS

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Kroetz' Werdegang 41Kroetz habe zwar die „Wiederentdeckung der Fabel“, den „bewußten Eingriff<strong>und</strong> die Lenkung“ der Geschichte <strong>und</strong> die Verteidigung der „Klassenposition“(Betten 1985, S. 225), die er von Brecht lernen wollte, auf seine Weise einzubringenversucht; der Gesamteindruck ist jedoch ein anderer: 34Kroetz schildert die Wirklichkeit einer Gruppe von Menschen. Die Gruppe istsehr groß, die Unterschiede sind sehr gering. Die meisten leben nun mal (nunmal?) als Kleinfamilie in einer Kleinwohnung, sparen auf irgendwas <strong>und</strong> habenAngst vor irgendwas; die Kindererziehung ist schwer, die Liebe auch.Wenn man sich selbst nicht mag, wie soll man den anderen mögen? (Skasa1978, S. 102).In diesen Kleinfamilienstücken, erklärt Kroetz, wird viel mehr über Gesellschaftgesagt, als in seinen großen Stücken, <strong>und</strong> er weist anschließend daraufhin, dass ‘Maria Magdalena’ (1972) 35 <strong>und</strong> ‘Agnes Bernauer’ (1975) 36 „einRückzug ins Formale“ (Arnold (Hg.) 1979, S. 54) gewesen sind.Mit diesen nach Brecht'schem Vorbild entstandenen Hebbel-Stücken nimmtKroetz zugunsten der weiteren Ausformung des Menschenbildes Abstandvom Formalismus:[...] Meine historische Aufgabe ist es nicht, den Siemens-Konzern auf die Bühnezu bringen, ist es nicht, Streikberichte zu schreiben. [...]. Das ist nicht meineQualität, das ist nicht meine Kraft. Ich glaube, meine Bedeutung <strong>und</strong> meineAufgabe liegen im Verständnis des Menschen, [...]. So wie der Mensch seinsoll, so wie der Mensch geboren wird, so wie wie der Mensch gedreht wird,wie der Mensch von der Gesellschaft deformiert, geschädigt <strong>und</strong> gemacht wird– diesen Widerspruch aufzuzeigen zwischen dem, was ist, <strong>und</strong> dem, was seinkönnte innerhalb der menschlichen Qualitäten, die immer auch politische, gesellschaftlichesind, das glaube ich, tut not, <strong>und</strong> ich glaube, daß das auch meine34Man vergleiche auch Kroetz' Aussagen in seiner Rede zu Brechts 20. Todestag zitiert nachArnold/Buck (1977, S. 246); vgl. dazu auch die Zusammenfassung über ‘Kroetz <strong>und</strong> Brecht’von Sauerland (1978, S. 35f.).35In ‘Maria Magdalena’ entwirft Kroetz eine freie Bearbeitung der Hebbel'schen Vorlagen <strong>und</strong>stellt sich gegen das herrschende System, für das sich Hebbel eingesetzt hat. Seine konträreWirkungsabsicht verstärkt er durch den Untertitel ‘Komödie’.36‘Agnes Bernauer’ (1975) dagegen hat nur den Titel, die Namen der drei Hauptfiguren <strong>und</strong>den Ort des Geschehens (Straubing) mit Hebbels Drama gemein. Im Interview mit Arnold(1976, S. 53) erklärt Kroetz: „Ich wollte Hebbels ‘Agnes Bernauer’ bearbeiten, <strong>und</strong> ich habediese Bearbeitung bereits im Sommer 1973 aufgegeben <strong>und</strong> im Frühjahr 1975 ganz neu,ohne Hebbel, angefangen. Und nur der Name ‘Agnes Bernauer’ ist geblieben.“ Es hat weitausmehr Gemeinsamkeiten mit Brechts ‘Die heilige Johanna der Schlachthöfe’, in demKroetz den Klassengegensatz durch die Geburt des Kindes mit einem Happy-End aufhebt.

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