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Devran_Kommunikation_Sprache_und_soziales_Milieu_2013 ... - IDS

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254<strong>Kommunikation</strong>, <strong>Sprache</strong> <strong>und</strong> <strong>soziales</strong> <strong>Milieu</strong> in Dramen von F.X. Kroetzja nix, sondern ich hab mich einfach hingsetzt an Küchentisch nach die notwendigenArbeiten <strong>und</strong> drauf gwartet, daß jetz gleich die Tränen kommen werdn,verstehst? (Sie lacht.) Die Nutzlosigkeit ihres früheren Hausfrauendseinsdrückt sie aus durch das tägliche Warten auf den erlösenden Tränenausbruch(plärrt wie ein Schoßh<strong>und</strong>) <strong>und</strong> deckt damit das frühere Leben als Scheinidylleauf, als äußerst quälend <strong>und</strong> durch Einsamkeit <strong>und</strong> Leere geprägt.Marthas offene <strong>und</strong> drastische Entzauberung der Hausfrauenidylle ist für Ottoschockierend ebenso wie ihre Ausdrucksweise, die nicht mehr seinen Vorstellungenvon Weiblichkeit entspricht: Hast überhaupt keine Lieblichkeit mehr.Redst wie ein Mann. Ottos Sicht basiert auf einer Geschlechtscharakterideologie,in der die Frauen aus der Perspektive der Soziologin Frevert (1995,S. 119) harmonisch verklärt <strong>und</strong> durch Gefühle <strong>und</strong> Eigenschaften charakterisiertwerden wie Liebe, Geduld, Aufopferung, die sie angeblich kennzeichnen<strong>und</strong> prädestinieren, die Gegebenheiten einer „feindlichen” Berufswelt auszugleichen.Da Martha nicht mehr bereit ist, solche Eigenschaften zu verkörpern,erscheint sie Otto auch nicht mehr lieblich bzw. weiblich. Auf ihremWeg in die Berufswelt hat sie Härte, Zähigkeit <strong>und</strong> Durchhaltevermögen entwickelt,Eigenschaften, die für Otto männlich sind. Als sie ihm vorschlägt sicheine Frau zu suchen, die in seine Vorstellung passt, kündigt sie endgültig eineBeziehung auf, in der sie auf ein geschlechtliches Rollenschema festgelegtwar, das sie eingezwängt <strong>und</strong> unselbstständig gehalten hat. Um die emotionaleLeere zu kompensieren, hat sie sich mit den von den Medien vermitteltenbürgerlichen Ideologien sich selbst vergessen <strong>und</strong> für die andern da sein (vgl.1. Akt, 3. Szene) emotional zu bereichern versucht.Marthas Ausbruch aus der traditionellen weiblichen Eherolle ist ein individuellerProzess, der Stärke <strong>und</strong> Durchhaltevermögen erfordert <strong>und</strong> „bei dem sichdie Art des Eingeb<strong>und</strong>enseins des Individuums in die Gesellschaft verändert“(Kippele 1998, S. 15). Kroetz selbst bewertet seine „Frauengestalten, als starke,belastbare Frauen, solche, die auch privat eine gewisse Brutalität, Härtehaben.“ 203 Das wird in ‘Mensch Meier’ deutlich sichtbar. Mit der Aufkündigungder Ehe treibt Martha die Vernichtung Ottos voran, der jetzt jeden Haltverloren hat: Warst mein Schutz, <strong>und</strong> jetzt bin ich nackert (Kroetz 1999, S. 58).Nach Töteberg (1985b, S. 289) zeigt sich in Marthas Entscheidung, „die Lebensgemeinschaftaufzukündigen, eine Härte, die, wie nur selten in einemKroetz-Stück, zur radikalen Bloßstellung einer Bühnenfigur führt“.203Kroetz zitiert nach Barth (1982), in Töteberg (1985b, S. 289).

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