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Devran_Kommunikation_Sprache_und_soziales_Milieu_2013 ... - IDS

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Das Konzept des sozialen Dramas 532.5 Die Regieanweisung als ‘Kompensator’ bzw. ‘Demonstrator’Im Allgemeinen hat die Regieanweisung die Funktion, Informationen überHandlungen, Gedanken <strong>und</strong> Gespräche der Figuren an den Rezipienten weiterzuleiten.Zum Beispiel beginnt Hauptmanns ‘Vor Sonnenaufgang’ mit einerdetaillierten Beschreibung des Raumes <strong>und</strong> der Wohneinrichtung, der äußerenErscheinung der Figuren sowie deren Handlungen. Nach der in der Literaturwissenschaftvertretenen Anschauung geht diese detaillierte Beschreibungnicht aus der von den Naturalisten übernommenen naturwissenschaftlich f<strong>und</strong>iertenGenauigkeit (Sek<strong>und</strong>enstil) der positivistischen Methode hervor. NachElm (2004, S. 22) wendet Hauptmann hier ein dramaturgisches Verfahren an.Der sonst unsichtbare Erzähler wird sichtbar, um den spärlichen Dialog derFiguren zu vervollständigen. Der dialogische Umgang der Figuren wird folgendermaßenbeschrieben: „Sie reden nicht miteinander, sondern aneinandervorbei.“ Damit wird verdeutlicht, dass die vorangestellte Regieanweisungbzw. die Kulisse <strong>und</strong> die Regie übernimmt, was der Dialog nicht leistet, umdie Leerstellen im problematischen Dialog zu kompensieren. Dass dieses Verfahrennicht eine allgemeingültige Regel des sozialen Dramas ist, wird beiKroetz offensichtlich. Denn die Regieanweisung hat bei Kroetz, besonders inseinen frühen Stücken, die Funktion, die Dürftigkeit der <strong>Sprache</strong> zu betonen.Da der dialogische Umgang der Figuren auf die Handlung reduziert ist, weistKroetz (2006, S. 38) den Regisseur im Voraus an: „Äußerst sparsam. Nur Versatzstücke.“Und der erste Akt wird eingeleitet mit dem Hinweis: „In der Stube.Stallerin beim Kochen. Beppi mit einer Ansichtskarte. Geschirr.“So dürftig <strong>und</strong> sparsam die Anweisung bei Kroetz sein mag, sie hat eine erzählendeFunktion <strong>und</strong> sagt in ihrer ‘Lakonie’ genauso viel, wenn nicht sogar vielmehr als das, was auf der Bühne geschieht. Kroetz (2006, S. 9f.) formuliert inseiner Anmerkung zum ‘antidialogischen’ Stück ‘Heimarbeit’ Folgendes:Schweigen. Die <strong>Sprache</strong> funktioniert bei meinen Figuren nicht. [...] Ihre Problemeliegen so weit zurück <strong>und</strong> sind so weit fortgeschritten, daß sie nicht mehrin der Lage sind, sie wörtlich auszudrücken. Sie sind introvertiert. Daran istzum großen Teil die Gesellschaft schuld, die auf sie keine Rücksicht nimmt<strong>und</strong> sie in ihrem Schweigen verharren läßt [...] der Rückgang der <strong>Sprache</strong> [...]ist in allen Bereichen des Lebens zu erkennen. Das Theater ist prädestiniert,diesen Vorgang [...] darzustellen.

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