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Devran_Kommunikation_Sprache_und_soziales_Milieu_2013 ... - IDS

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Das Konzept des sozialen Dramas 55al typisiert bzw. karikiert. Die Charakterisierung einer Person oder eines Ereignisseskann so überspitzt werden, dass es bis zur Parodie geht. 50 Konkreterformuliert bedeutet das, dass tradierte Formen durch neue Inhalte gebrochenbzw. verfremdet werden.Ein weiteres Stilmittel ist die Groteske. 51 Durch sie verweist der Dramatikerauf den gemeinsamen Erfahrungs - <strong>und</strong> Erwartungshintergr<strong>und</strong> <strong>und</strong> das, wassich ihm widersetzt.50Krischke (1983, S. 179-184). Aus Horvaths ‘Geschichten aus dem Wienerwald’ tönt dieWiener Walzermusik auf einem ausgeleierten Klavier. Das demonstriert kontrastiv einenneuen Gehalt zum gemütlichen Wiener Lebensstil, der im Horvath'schen Kontext parodiertwird. Horvath macht damit die Fassade der Wienerseligkeit <strong>und</strong> die dahinter versteckte politischwirksame Gewalt des kleinbürgerlichen Spießbürgers deutlich. Dazu folgendes Beispiel:„In der stillen Straße eines Vorstadtbezirks der Metzgergehilfe formuliert Havlitschek,− während der Johann Strauß' Walzer „Gschichten aus dem Wienerwald“ erklingt – auf dieNachfrage des Metzgermeisters Oskar seinen Wunsch:HAVLITSCHEK der Gehilfe Oskars, ein Riese mit blutigen Händen <strong>und</strong> ebensolcher Schürze,erscheint in der Tür der Fleischhauerei; er frißt eine kleine Wurst <strong>und</strong> ist wütend: DummesLuder, dummes –OSKAR Wer?HAVLITSCHEK deutet mit seinem langen Messer auf Ida: Das dort! Sagt das dumme Ludernicht, daß meine Blutwurst nachgelassen hat – meiner Seel, am liebsten tät ich so was abstechen,<strong>und</strong> wenn es dann auch mit dem Messer in der Gurgel herumrennen müßt, wie diegestrige Sau, dann tät mich das nur freuen!OSKAR lächelt: Wirklich? [...] – <strong>und</strong> der Walzer ist aus.“ (Horvath 1994, S. 11).51Kaysers (1960). Nach Kaysers rezeptionsästhetischer Definition ist etwas grotesk, wennHandlung oder Figur beim Publikum Grauen <strong>und</strong> Lachen zugleich hervorruft. Meister derGroteske sind Lenz, Büchner, Wedekind <strong>und</strong> Horvath (vgl. dazu auch Horvath 1931 [1983],S. 90-95). Horvath formuliert in seiner ‘Gebrauchsanweisung’, dass er eine Synthese zwischen„Ironie <strong>und</strong> Realismus“ anstrebt (ebd., S. 94). Voraussetzung für das Gelingen derSynthese sei der Stil, in dem die Stücke gespielt werden, da das Publikum sonst auf diedramatische Handlung achte <strong>und</strong> nicht erkenne, dass der dramatische Dialog Priorität habe.Vgl. dazu auch Elm (2004, S. 27). In Lenz' Stück ‘Der Hofmeister’ erfährt die Figur Läufferseine gesellschaftliche <strong>und</strong> berufliche Niederlage in Form von Triebhemmung, deren grausameKonsequenz die Selbstkastration ist. Als der Moralapostel Wenzeslauf missverständlicherweiseLäufers Tat beglückwünscht, weil er die Handlung nicht als Ausdruck der Verzweiflung,sondern als Entsagung versteht, vergleichbar der des Kirchenvaters Origenes,wirkt dieses tragische Geschehen komisch auf den Rezipienten. Vgl. dazu auch Kässens(1985, S. 275). In der ‘Countdown’-Szene in Kroetz' ‘Mensch Meier’ dagegen artikuliertsich die <strong>Sprache</strong> als Gewaltaktion, allerdings in einem bewusst auf die Groteske hin orientiertenGesamtkontext.

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