Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Bolivien<br />
Diese Nachfahren deutscher Kolonialisten<br />
sehen sich alle sehr, sehr ähnlich. Sie<br />
haben alle die gleiche Statur, die gleichen<br />
Gesichtszüge, und alle haben strohblonde<br />
Haare. Da werden die Gene wohl in einem<br />
ganz engen Pool zusammengehalten …<br />
Jetzt starren sie mich schon wieder alle<br />
an. Nichts wie weg hier! 80 Kilometer weiter<br />
finden wir ein nettes Hotel und nebenan ein<br />
Restaurant. Wie überall gibt es Reis und<br />
Hühnchen. Dani zuckt plötzlich zusammen,<br />
fast bleibt ihm ein Hühnerflügel im Hals stecken.<br />
Er starrt an mir vorbei und zeigt ganz<br />
still auf die Eingangstür. Oh nein, da sind die<br />
Latzhosen ja schon wieder. Die haben uns<br />
doch hoffentlich nicht wirklich verfolgt?<br />
Kann das alles nur ein dummer Zufall sein?<br />
Das ist echt mal gruselig. Unauffällig legen<br />
wir das Geld auf den Tisch und machen uns<br />
ganz flugs aus dem Staub.<br />
Haustiere mal anders: Nicht jeder bleibt<br />
beim Anblick einer Vogelspinne gelassen<br />
Wir hätten auf der Hauptstraße bleiben<br />
sollen. Nach etlichen tiefen und undurchsichtigen<br />
Wasserdurchfahrten auf roter<br />
Lehmpiste liege ich hier im Schlamm und<br />
frage mich, wie ich die Fuhre wieder aufrichten<br />
kann. Nicht mal mit den Stiefeln<br />
findet man sicheren Halt auf dieser Pampe.<br />
Während ich verzweifelt rutschend und<br />
fluchend die GS aufzurichten versuche,<br />
sucht Madi hinter mir erst mal in aller Ruhe<br />
einen Parkplatz. Typisch Frau! Nachdem<br />
ich die Kuh, damit ist ausdrücklich die GS<br />
gemeint, in einem Wutanfall mit Adrenalinschub<br />
wieder in die Vertikale gehievt habe,<br />
steht Madi neben mir!<br />
Oh Gott, wenn da der Profi schon liegt,<br />
was wird dann erst aus mir? Ich muss jetzt<br />
schnell helfen! Seitenständer raus und, oh<br />
nein, die XT rutscht mir nach hinten davon.<br />
An drei, vier anderen Stellen das gleiche<br />
Spiel. Ich kann sie einfach nirgendwo abstellen.<br />
Egal, dann lege ich sie eben hin. Jetzt<br />
schnell zu Dani und der gestrauchelten GS.<br />
Auf dieser gottverlassenen, einsamen<br />
Ruta 10 zwischen San Ignacio und San<br />
Juan kämpfen wir uns Meter um Meter<br />
durch den roten Glibber. Hinter San Matias<br />
erreichen wir völlig erschöpft endlich<br />
Brasilien. Der dunkelhäutige Grenzpolizist<br />
schaut auf mein Nummernschild und sagt<br />
auf Deutsch: „Hey, kommt ihr aus Deutschland?<br />
Willkommen in Brasilien!“ Für einen<br />
kurzen Moment fühlt es sich an, als wären<br />
wir eben nach Hause gekommen.<br />
www.motorradonline.de/unterwegs<br />
„METER UM METER DURCH<br />
DEN ROTEN GLIBBER KÄMPFEN<br />
WIR UNS NACH BRASILIEN!“<br />
100 LEBEN<br />
3/<strong>2016</strong>