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John Surtees mit der 350er-Vierzylinder bei<br />
der TT 1959. Arturo Magni hat den Tankdeckel<br />
geöffnet und den Rüssel des Kanisters<br />
zum Nachtanken angesetzt (links)<br />
Von Ralf Schneider; Fotos: Schwab, Cathcart, Giorgio Nada Editore<br />
Arturo Magni selbst beschrieb seine besondere Stellung<br />
in aller Bescheidenheit. Ein besserer Mechaniker sei<br />
er gewesen, erzählte er einst in einem Gespräch mit<br />
<strong>MOTORRAD</strong>-Korrespondentin Eva Breutel. Wichtige<br />
Entscheidungen die Renneinsätze betreffend, habe Conte Domenico<br />
Agusta, der Chef von MV, stets in glanzvoller Despotie selbst<br />
gefällt. Diese Selbsteinschätzung verschweigt vornehm die Tatsache,<br />
dass wenig erreicht und noch lange nichts gewonnen ist,<br />
wenn eine Rennmaschine frisch aufgebaut auf den Rädern steht.<br />
Die handwerkliche Umsetzung einer Konstruktion, die präzise<br />
Bearbeitung von Motor- und Fahrwerksteilen, die penible Einstellung<br />
aller Komponenten und all die Detailarbeit, die mit dem<br />
Begriff Abstimmung mehr verschleiert als beschrieben wird,<br />
oblag Arturo Magni, seit er im Jahr 1950 bei MV Agusta anfing.<br />
Als einfacher, aber wohl schon damals besserer Mechaniker.<br />
Er war zarte 25 Jahre alt. Begeisterter Erbauer von Flugzeugmodellen<br />
und italienischer Meister im Langstreckenflug in einem<br />
selbst gebauten Segelflieger, hatte Magni seine berufliche Laufbahn<br />
beim Flugzeughersteller Bestetti Aeronautica in Arcore begonnen,<br />
wo er noch während des Krieges die Motoren von Militärflugzeugen<br />
wartete. Diese stellen höchste Anforderungen an die<br />
Sorgfalt der Mechaniker, und was Magni im Umgang mit ihnen<br />
lernte, prägte ihn fürs Leben. Den letzten Schliff erhielt er, als er<br />
1947 zu Gilera wechselte, einem der ältesten italienischen Motorradhersteller,<br />
der ebenfalls in Arcore ansässig war. Für die Entwicklung<br />
eines 500er-Vierzylinder-Rennmotors suchte Ingegnere Pietro<br />
Remor ausdrücklich einen jungen Mechaniker, den er in seinem<br />
Was im oberen Foto in<br />
Sachen Motorengebrüll<br />
gerade abgeht, zeigt<br />
der mittlere Zuschauer<br />
in der Box. Links von<br />
ihm der Conte Agusta.<br />
Im Foto nebenan feiert<br />
das stolze MV-Team<br />
einen der zahlreichen<br />
Siege Giacomo Agostinis<br />
am Sachsenring<br />
Die erste 500er von MV: 1950 noch als Turismo ausgeführt.<br />
Mit Telegabel, Parallelogrammschwinge und Reibungsdämpfer<br />
1953 trug die Rennmaschine immer noch Parallelogramm, jetzt<br />
aber mit hydraulischer Dämpfung. Vorn federt eine Earles-Gabel<br />
Sinn ausbilden wollte. Die Wahl fiel auf Magni, und als Remor im<br />
Frühjahr 1950 von Gilera zu MV Agusta wechselte, zog er ihn mit.<br />
Mit leichten Modifikationen konstruierte und realisierte Remor<br />
seinen Vierzylinder für MV gleich noch einmal. Weil der Conte<br />
Agusta die neue 500er zunächst als Straßenmotorrad geplant<br />
hatte, erhielt sie einen Kardanantrieb und zur Verringerung der<br />
Kardanreaktionen eine Parallelogrammschwinge. Als Magni Jahrzehnte<br />
später Moto Guzzi-Motoren in seine Fahrwerke einbaute,<br />
nahm er diese Technik wieder auf. Die zwei Fotos der ersten<br />
MV-Vierzylinder aus den Jahren 1950 und 1953 zeigen bei genauem<br />
Hinsehen, wie viel die Techniker damals mit verschiedenen<br />
Federungssystemen, Dämpfungsvarianten, ja sogar Schaltmechawww.motorradonline.de<br />
LEBEN 1<strong>03</strong>