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MOTORRAD 03/2016

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Einen Wermutstropfen mussten Doringer<br />

und seine Mannen freilich schlucken.<br />

Denn wie jede Menge Fans im deutschsprachigen<br />

Raum hatten sie große Stücke<br />

auf den Österreicher Matthias Walkner gesetzt,<br />

der im vergangenen Jahr bei seinem<br />

ersten Dakar-Auftritt gleich einen Tagessieg<br />

verbucht hatte, bevor er Etappe zehn nach<br />

einer Lebensmittelvergiftung aufgeben<br />

musste. Nach dem Wechsel des fünfmaligen<br />

Dakar-Siegers Marc Coma vom aktiven<br />

Sport in die Dakar-Organisation Mitte letzten<br />

Jahres hatte Walkner Coma als Rallye-<br />

Weltmeister abgelöst. Wie gut seine Chancen<br />

auf ein Spitzenendergebnis nach den<br />

Plätzen vier, zehn, elf, drei und zwei in den<br />

ersten echten Wertungsprüfungen gewesen<br />

wären, ist schwer zu sagen – da galt ja<br />

noch die zurückhaltende KTM-Team-Strategie<br />

für die erste Woche. Die Frage muss offen<br />

bleiben. Walkner war als Gesamt-Dritter<br />

in die siebte Etappe gestartet. Doch nach<br />

etwa 15 Kilometern in der gezeiteten Sonderprüfung<br />

zwischen Uyuni in Bolivien und<br />

Salta in Argentinien übersah er, von der<br />

Sonne geblendet und von vor ihm aufgewirbeltem<br />

Staub in der Sicht behindert,<br />

eine tiefe Auswaschung. Der 29-Jährige<br />

stürzte und blieb mit gebrochenem Oberschenkel<br />

liegen. Wenige Tage nach der erforderlichen<br />

Operation in La Paz/Bolivien<br />

konnte er in die Heimat geflogen werden<br />

und grüßte am 15. Januar auf Facebook<br />

halbwegs vergnügt aus einem Krankenhaus<br />

in Salzburg – inklusive der Röntgenbilder<br />

seines Oberschenkels im Vorhernachher-Vergleich.<br />

Ingo Zahn (links, unten) war der einzige<br />

deutsche Motorradfahrer bei der<br />

Dakar <strong>2016</strong>. Der Privatfahrer scheiterte<br />

an völlig unerwarteten Problemen<br />

Rallye Dakar <strong>2016</strong><br />

knapp, weil die Motorräder erst kurz vor der<br />

Dakar fertiggestellt werden.“ Allerdings<br />

räumt Doringer ein, dass Svitko vom Werksteam<br />

gegen Ende der Dakar mit Ersatzteilen<br />

versorgt wurde, weil seine eigenen ausgegangen<br />

waren: „Dabei gab es auch größere<br />

Bremsscheiben, wie sie die Werksfahrer verwenden.“<br />

Ansonsten unterscheide sich die<br />

Production Racer ohnehin nur um wenige<br />

Prozent vom Werksrenner. Bei diesen Unterschieden<br />

dürfte es sich um eine etwas<br />

höhere Motorleistung, vor allem aber um<br />

feinste Federelemente aus der KTM-eigenen<br />

Fahrwerksschmiede WP handeln, die um<br />

Klassen leichter sind als das Material, das<br />

Normalsterbliche kaufen können.<br />

Mit Price als Sieger, Antoine Méo als<br />

Siebtem, Laia Sanz als Siegerin der Frauenwertung<br />

auf Rang 15 und Jordi Viladoms<br />

an 17. Position durften Doringer und seine<br />

Truppe nicht nur vier ihrer fünf Fahrer im<br />

Ziel feiern, sondern auch den 15. KTM-<br />

Gesamtsieg in Folge – das hört sich schwer<br />

nach einem Erfolg für die Ewigkeit an.<br />

Und das angesichts der Tatsache, dass das<br />

mäch tige Honda-Werk seit nunmehr vier<br />

Jahren alles daransetzt, die KTM-Vorherrschaft<br />

in der Wüste zu brechen. „Ehrlich<br />

gesagt habe ich von der Konkurrenz nicht<br />

viel erwartet“, sagt Doringer, „um die haben<br />

wir uns keine Gedanken gemacht, sondern<br />

uns um uns selbst gekümmert.“ Zum Verdacht,<br />

die drei Honda-Etappensiege in der<br />

ersten Rallye-Woche könnten von der KTM-<br />

Strategie begünstigt worden sein, sagt<br />

er nur: „Wir planen für 14 Tage und achten<br />

darauf, in der ersten Woche noch etwas<br />

Potenzial nach oben offen zu lassen und<br />

wenige Fehler zu machen.“ Das Ergebnis<br />

spricht für sich – und auch dafür, dass die<br />

KTM-Ingenieure eventuell viel länger nach<br />

Op timierungsmöglichkeiten für die nächste<br />

Ausgabe ihres Rallye-Motorrads suchen<br />

müssen als die Kollegen bei Honda.<br />

Einen Tag vor Walkner war Ingo Zahn,<br />

dem einzigen deutschen Motorrad-Starter,<br />

das gleiche Missgeschick passiert wie dem<br />

Österreicher. Anders als Walkner brach<br />

sich Zahn jedoch lediglich eine Rippe und<br />

die Nase – er fuhr als 79. ins Etappenziel.<br />

„Löcher, vor denen im Roadbook mit nur<br />

einem Ausrufezeichen gewarnt wird, sind<br />

durch die Unwetter hier so stark ausgewaschen<br />

worden, dass inzwischen ein komplettes<br />

Motorrad darin verschwinden kann“,<br />

schilderte der 52-jährige Bayer. Tatsächlich<br />

wurde die Rallye von den Auswirkungen<br />

des Wetterphänomens El Niño erwischt,<br />

das immer wieder für verheerende Überschwemmungen<br />

in Südamerika sorgt. Peru<br />

und Chile, die zunächst auf dem Routenplan<br />

der Dakar <strong>2016</strong> gestanden hatten, zogen<br />

sich als Gastländer früh zurück. Sie sahen<br />

sich außerstande, den reibungslosen Ablauf<br />

einer internationalen Großveranstaltung<br />

sicherzustellen und gleichzeitig auf vorhersehbare<br />

Katastrophen reagieren zu können.<br />

Die Rallye führte deshalb nur durch Argentinien<br />

und Bolivien. Den Dakar-Teilnehmern<br />

bescherte El Niño in den ersten Tagen Regen<br />

in biblischen Ausmaßen, in der zweiten<br />

Woche in der als „Hölle von Fiambalá“ verrufenen<br />

argentinischen Wüstenregion Temperaturen<br />

bis zu 50 Grad Celsius. Die erste<br />

Etappe der Rallye wurde komplett abgesagt,<br />

drei weitere wegen unpassierbarer überschwemmter<br />

Streckenteile gekürzt. Drei<br />

Etappen mussten gekappt werden, weil vor<br />

allem viele Motorradfahrer in der höllischen<br />

Hitze zu dehydrieren drohten.<br />

Ingo Zahn versuchte dieses Jahr bereits<br />

zum vierten Mal, die Herausforderung der<br />

Dakar zu meistern. 2010 war er nach zwei<br />

Tagen mit gebrochener Schulter ausgefallen,<br />

2013 hatte er als 85. den Zielort erreicht.<br />

2014 brach Zahn sich erneut nach<br />

118 SPORT<br />

3/<strong>2016</strong>

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