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Elektronische Fahrwerke<br />
Federelemente von relativ schlich ter Bauart<br />
sind. Die semiaktiv ausgerüstete GS basiert<br />
auf hochwertigeren Teilen und erledigt<br />
diesen Job besser, sammelt außerdem Pluspunkte<br />
bei der Handhabung. Mit ihren wenigen<br />
Setup-Wahlmöglich keiten (drei Voreinstellungen<br />
für Federvorspannung und<br />
Dämpfung in Abhängigkeit vom gewählten<br />
Fahrmodus) holt sie nahezu das Optimum<br />
aus dem Fahrwerk heraus, ohne dass sich<br />
der Fahrer die Finger schmut zig machen<br />
muss. Der Vergleich zeigt, dass das Dynamic<br />
ESA seinen Aufpreis wert ist. Vor allem, weil<br />
sich ohne besonderes Fahrwerks-Knowhow<br />
schnell gute Ergebnisse in der Abstimmung<br />
erzielen lassen. Das gilt besonders<br />
für alle, die oft mit viel Gepäck unterwegs<br />
sind und gerne einen Sozius mitnehmen.<br />
Und nicht zuletzt bringt das Dynamic ESA<br />
auch ein Plus an Fahrsicherheit. Da es einfach<br />
richtig, aber nur schwer falsch zu bedienen<br />
ist, werden mit Sicherheit weniger<br />
Fahrer mit schlechter Fahrwerkseinstellung<br />
unterwegs sein. Ein konventionelles Fahrwerk<br />
erfordert mehr Erfahrung und Kenntnisse.<br />
Wer hier etwas falsch macht, kann<br />
leicht weit daneben liegen.<br />
Motorräder fahren aber nicht nur,<br />
sondern stehen für den Service dann und<br />
wann in der Werkstatt des Vertrauens.<br />
Po sitiv ist in diesem Fall, dass die Federbeine<br />
– egal ob normale oder Dynamic ESA-<br />
Ausführung – ohne Folgekosten Dienst<br />
schieben. Sie sind laut BMW wartungsfrei.<br />
Da die R 1200 GS in Sachen Fahrwerk mit<br />
Paralever und Duolever einen Sonderfall<br />
darstellt, sind in der Tabelle auf Seite 36<br />
auch die Gabelservice-Vergleichswerte einer<br />
BMW S 1000 XR mit und ohne semiaktives<br />
Fahrwerk aufgelistet. Kilometervorgabe<br />
und Zeitaufwand sind gleich. BMW-Kunden<br />
müssen sich im Zuge einer Entscheidung<br />
pro semiaktives Fahrwerk also nicht über<br />
versteckte Extraausgaben ärgern. Etwas<br />
anders sieht das bei einem Defekt aus. Der<br />
schlichte vordere Dämpfer der GS ist nach<br />
kurzer Internetrecherche für 360 Euro zu<br />
haben, das Dynamic ESA-Bauteil reißt mit<br />
mehr als 1000 Euro ein großes Loch ins<br />
Portemonnaie. Bei anderen Herstellern<br />
dürfte die Differenz ähnlich aussehen.<br />
Wobei der Vergleich mit anderen Fahrzeugen<br />
– etwa Ducatis Multistrada 1200 sowie<br />
KTMs 1190 Adventure und 1290 Super<br />
Adventure (die Gabel-Wartungsvorgaben<br />
sind ebenfalls in der Tabelle zu finden) –<br />
zeigt, dass die Abstimmungen der Federelemente<br />
zwischen konventionellem und<br />
semigedämpftem Bauteil sehr verschieden<br />
ausfallen können.<br />
Beispiel Ducati: Die Multistrada 1200<br />
mit semiaktivem Fahrwerk – die Hardware<br />
stammt ebenfalls von Zulieferer ZF – sorgte<br />
2013 für Furore. Die Begeisterung legte sich<br />
Technik erklärt<br />
Bei herkömmlichen Federelementen<br />
ist alles fix. Vorspannung und Dämpfung<br />
werden einmal eingestellt, Änderungen<br />
während der Fahrt sind nicht<br />
möglich. Die justierten Werte müssen<br />
dann für alles passen: vom Sahne-<br />
Asphalt bis hin zum Rübenacker dritter<br />
Ordnung. Klar, absteigen und die Einstellungen<br />
verändern ginge auch. Aber wer<br />
macht das schon? Das hört sich schwer<br />
nach einem Kompromiss an. Ist es auch.<br />
Elektronisch einstellbare Fahrwerke haben<br />
hier schon einen Komfortgewinn<br />
gebracht, noch besser sollen das semiaktive<br />
Fahrwerkskomponenten machen.<br />
Sensoren erkennen die Geschwindigkeit<br />
der ins Fahrwerk eingeleiteten Impulse.<br />
In Millisekunden werden die Daten mit<br />
weiteren Infos aus dem Fahrzeug-Daten-<br />
Bus abgeglichen (woher diese stammen,<br />
veranschaulicht die Grafik unten am<br />
Beispiel einer S 1000 RR). Der Abgleich<br />
von Ist- und Sollwert ergibt dann, wie<br />
das elektromagnetische Regelventil Zugoder<br />
Druckstufe beeinflusst – und das bis<br />
zu 500-mal pro Sekunde.<br />
Instrumenten-Kombi<br />
DDC-Steuergerät<br />
Telegabel mit<br />
Dämpferventil<br />
ABS-Sensorring<br />
Verstellmöglichkeiten BMW R 1200 GS<br />
Druckstufe Zugstufe Vorspannung<br />
Ohne ESA<br />
vorn – – –<br />
hinten – 14 Klicks 1 stufenlos (31 Umdrehungen)<br />
Mit ESA<br />
vorn<br />
hinten<br />
Gasgriff<br />
Federwegsensor<br />
drei Modi (soft, normal, hard) 2<br />
Links ein herkömmlicher Dämpfer,<br />
rechts das Pendant mit elektromagnetischem<br />
Regelventil (oben im Dämpfer)<br />
Motorrad-Steuergerät<br />
ABS-Steuergerät<br />
Federbein mit<br />
Dämpferventil<br />
Sensorbox<br />
ABS-Sensorring<br />
drei Voreinstellungen (eine Person, eine<br />
Person mit Gepäck, zwei Personen)<br />
1<br />
am Testfahrzeug, laut BMW sind zwölf Klicks normal;<br />
2<br />
Die zur Verfügung stehenden Fahrmodi (Rain/Road/Dynamic/Enduro) beeinflussen ebenfalls die Dämpfungsvoreinstellung.<br />
In diesen kann dann individuell die Dämpfung noch in den drei Modi (soft, normal, hard) angepasst werden<br />
Bei der Basis-GS gibt es nur hinten etwas zu verstellen, die semiaktive Variante greift<br />
auch vorn beim Federbein des Telelever in die Dämpfung ein<br />
34 TEST+TECHNIK 3/<strong>2016</strong>