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Master Dominique Matthieu - Pestalozzianum

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5. BEFUNDE<br />

Joelle bezeichnet zunächst die Freude an der Gesamtaktivität als Wunsch ihrer Eltern. Ausserdem<br />

fügt sie erfolgreiche Leistungen und eine gute schulische Ausbildung an: [Meine Eltern wünschen<br />

sich für mich] einfach, dass es mir gefällt, dass ich Spass daran habe. Und dass es auch gut ist, also<br />

ich auch ein bisschen Erfolg habe und noch eine gute Ausbildung, die mir gefällt. Es muss mir<br />

einfach alles gefallen, sagen sie.“ Verglichen mit ihren eigenen Wünschen nach Gesundheit, Erfolg<br />

(Weltcuprennen gewinnen) und Zufriedenheit ist folglich das Absolvieren einer guten Ausbildung<br />

der einzige divergierende Faktor. Jedoch schätzt sie die Reaktion der Eltern im Falle, dass es ihr<br />

nicht mehr “gefällt“ und sie mit dem Leistungssport aufhören würde, in der Weise ein, als dass die<br />

Eltern zunächst versuchen würden, sie zur Weiterführung zu überreden. Überdies würden sie „auch<br />

den Grund herausfinden, weshalb ich aufhöre. Aber sie würden es schon verstehen.“ Zeitweise hat<br />

Joelle aber auch das Gefühl ihren Eltern etwas schuldig zu sein. Hier lassen sich folglich hohe<br />

Erwartungen seitens der Eltern in mehreren Bereichen (Sport und Ausbildung) ausmachen. Im<br />

letzten Satz ist das Loyalitätsverhältnis erkennbar, das sich möglicherweise in ein wahrgenommenes<br />

Verpflichtungsgefühl verwandelt. Diese genannten Punkte würden die Eltern als soziale Ressource<br />

schwächen. Ob dies der Falls ist, kann an dieser Stelle jedoch nicht abschliessend beurteilt werden.<br />

Leas Wünsche nach einer guten Ausbildung, nach Geld für Reisen und nach einer gesunden Familie<br />

decken sich insofern mit denjenigen der Eltern, als dass es ihnen in Leas Einschätzung wichtig ist,<br />

„dass ich gut lernen kann für das, was sie zahlen.“ Sie spricht somit den finanziellen Blickwinkel<br />

an. Ferner nennt sie als Wunsch der Eltern, dass „ich selber entscheide, dass nicht Trainer sagen<br />

was ich jetzt machen soll.“ Würde sie dies tun und der leistungssportlichen Aktivität ein Ende<br />

setzen, „wären sie [die Eltern] schon enttäuscht.“ Interessant ist, dass sie bei ihrer Antwort den<br />

Konjunktiv verwendet, obwohl sich die beschriebene Situation in dieser Weise zugetragen hat.<br />

Möglicherweise hat sie diesen Modus aber auch zum Schutz ihrer Privatsphäre gewählt. Teilweise<br />

hat sie nämlich Angst, dass ihre Eltern sie weniger lieb haben, wenn sie im Sport keine Erfolge<br />

erzielt, und das Gefühl, ihren Eltern etwas schuldig zu sein: „Manchmal an den Rennen denke ich<br />

schon 'so jetzt möchte ich gut fahren für das, was sie alles machen, zeige ich einmal Dankbarkeit'.<br />

Und dann bist du auch enttäuscht, wenn du rausfliegst.“ Das mögliche Vorhandensein eines<br />

Verpflichtungsgefühls kann auch hier registriert werden. Darüber hinaus scheint sich in Leas<br />

Beurteilung die elterliche Wertschätzung nur auf einen, nämlich den sportlichen Teil ihrer Person,<br />

zu beziehen, wenn sie besorgt ist, bei sportlichen Misserfolgen weniger Zuneigung seitens der<br />

Eltern zu erhalten. Aus den Schilderungen über Leas elterliche Beziehungskonstellation des<br />

vorangegangenen Kapitels ging bereits hervor, dass divergierende Aufträge seitens der beiden<br />

Elternteile vorhanden sind. Diese Faktoren weisen auf eine Konstellation hin, die die Bedeutung der<br />

Eltern als soziale Ressource mindern.<br />

5.3.1.1. Zusammenfassung<br />

In einer zusammenfassenden Darlegung wird festgehalten, dass die Befragten als bedeutsame<br />

Personen im Leben nicht ausschliesslich die Eltern, sondern die Familie als Gesamtgefüge nennen.<br />

Als Partner in (Problem-)gesprächen indes werden die Eltern als solche angegeben. Diese<br />

Interpretationen weisen auf eine starke Elternbindung hin, was aber nicht genauer differenziert<br />

werden kann. Als Aspekte der elterlichen Beziehung in Hinsicht auf die schulischleistungssportliche<br />

Betätigung werden der Sport als Wert, konkrete (antreibende, mildernde,<br />

relativierende) Verhaltensweisen, die Bestätigung (als Person oder in der Zielverfolgung), das<br />

Interesse und praktische Hilfeleistungen erkannt. Bei zwei Athletinnen finden sich Hinweise auf<br />

ungünstige Strukturen in der Delegationsbeziehung (Verpflichtungsgefühl, divergierende Aufträge<br />

seitens gemäss beider Elternteile).<br />

Nichtsdestotrotz kann die Hypothese in leicht umformulierter Weise wie folgt bestätigt werden: Die<br />

Familie, insbesondere die Eltern, bilden die wichtigste soziale Ressource.<br />

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