Master Dominique Matthieu - Pestalozzianum
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6. DISKUSSION<br />
Betreffend des Freizeitbegriffes ist in den Resultaten zwar ersichtlich, dass dieser individuell<br />
interpretiert wird, gesamthaft indes trotzdem relativ klar eingegrenzt werden kann. Der Grund dafür<br />
ist die oben illustrierte lokale Konstellation der Wohn-, Trainings-, und Schulsituation. Da lange<br />
Fahrwege einerseits und Freistunden aufgrund der blockartigen Rhythmisierung von Schule und<br />
Training andererseits wegfallen, ist klar, dass diese oft schwammigen Zeitintervalle nicht unter den<br />
Freizeitbegriff fallen. Betreffend der Nutzung der Zeit zur freien Verfügung wurde festgestellt, dass<br />
diese durch die zwei Haupttätigkeiten des Erholens (Fernseher, Computer) und des Pflegens von<br />
sozialen Kontakten geprägt ist. Dies setzt zum einen voraus, dass die Freizeit zumindest unter der<br />
Woche in Blöcken verfügbar und nicht allzu zerstückelt ist. Zum anderen impliziert es, dass die<br />
Freizeit dann verfügbar ist, wenn Möglichkeiten gegeben sind, Peers zu sehen oder mit den Eltern<br />
zu telefonieren, wenn Entspannungsmöglichkeiten vorhanden sind (Zimmer) und bei Bedarf<br />
kulturelle Angebote genutzt werden können. Dies sind alles Faktoren, die gemäss Brettschneider<br />
(1996, S. 71) bestimmend für die Lebenswelt und somit das Belastungserleben sind.<br />
6.1.2. Bilanz zur Lebenswelt und Ausblick<br />
In der obenstehenden Diskussion wird deutlich, dass die Lebenswelt der jugendlichen<br />
Spitzensportlerinnen im Bezug auf ihr schulisch-leistungssportliches Engagement von einer Reihe<br />
struktureller Rahmenbedingungen geprägt ist. Dies sind zunächst logistische Einrichtungen,<br />
koordinative Leistungen, Rhythmisierung und Blockbildung von Schule und Sport und sich daraus<br />
ergebende Freizeitstrukturen. Dass die Abstimmung von Schule und Sport das Belastungserleben<br />
der Jugendlichen in mindernder Weise beeinflusst, ergab sich bereits in den Befunden zu den<br />
Belastungskomplexen, welche untenstehend erörtert werden. An derselben Stelle wird diskutiert,<br />
welche weiteren strukturellen Rahmenbedingungen das Belastungserleben beeinflussen.<br />
6.2. Diskussion der Befunde zum Belastungserleben<br />
Dieses Kapitel ist der Diskussion der Befunde zum Belastungserleben der Befragten gewidmet. Der<br />
Erörterung der explorativen Fragestellung E2 folgt eine zusammenfassend formulierte Schilderung,<br />
in welcher auch die diskutierten Aspekte des vorangegangenen Kapitels 6.1 Diskussion der Befunde<br />
zur Lebenswelt integriert werden.<br />
6.2.1. Diskussion der Befunde zur explorativen Fragestellung E2<br />
Die erste Erkenntnis, wonach das Belastungserleben sehr persönlich geprägt ist, widerspiegelt die<br />
Prämisse des transaktionalen Belastungs-Bewältigungs-Paradigma. Psychischer Stress ist demnach<br />
„weder gleichbedeutend mit einem Umweltreiz, einem Personenmerkmal oder einer Reaktion,<br />
sondern Stress stellt ein relationales Konzept dar, in dem ein Gleichgewicht hergestellt werden<br />
muss zwischen Anforderungen und der Fähigkeit, mit diesen Anforderungen [...] fertig zu werden.“<br />
(Lazarus 1981, S. 213). Das Ergebnis, dass die Schule als solches nicht als Belastungsfaktor<br />
gesehen wird, bestätigt sich auch in einer Studie von Brettschneider, Heim&Klimek (1998), die die<br />
Analyse von 126 jugendliche AthletInnen zu drei Messzeitpunkten ihrer Laufbahn im Bezug auf die<br />
schulisch-sportliche Doppelbelastung zum Inhalt hatte. Darin kommen sie zum Schluss, dass „das<br />
schulische Beanspruchungsempfinden sich auf einem vergleichsweise niedrigen Level [zeigt] [...].<br />
Es [die Schule] scheint in der Genese wahrgenommener Doppelbelastung nicht das primär<br />
ausschlaggebende Moment darzustellen [...]. Diese [subjektiv wahrgenommene Doppelbelastung]<br />
resultiert nicht so sehr aus den schulischen, sondern aus den sportlichen Anforderungen.“<br />
(Brettschneider, Heim&Klimek 1998, S.38).<br />
Dass das gelungene Vereinbaren von Schule und Leistungssport aus Sicht der Befragten primär auf<br />
das Vorhandenseins von strukturell günstigen Rahmenbedingungen zurückgeführt wird, zeigt die<br />
hohe Relevanz dieser strukturellen Ressourcen bei der Belastungsbewältigung an. Die in den<br />
Interviews genannte optimale Abstimmung gelingt gemäss Teubert (2006, S. 151) „nur dann, wenn<br />
auch eine systematische Zusammenarbeit der Verbundpartner aus Schule und Sport gegeben ist.“<br />
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