Master Dominique Matthieu - Pestalozzianum
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Probleme und Belastungen ansprechen<br />
5. BEFUNDE<br />
Eine andere vorgebrachte personale Ressource ist die Mitteilung von erlebten Problemen oder<br />
Belastungen. Angesprochen wurde dieser Aspekt bereits bei der Behandlung der sozialen<br />
Ressourcen. Er muss aber insofern als personale Ressource gedeutet werden, als dass es eine<br />
emotionale und kommunikative Kompetenz darstellt, Belastungen wahrzunehmen und sich über das<br />
persönliche Befinden mitzuteilen. Von den Jugendlichen wurde diese Handlung wie folgt<br />
formuliert.<br />
„Ich rede eigentlich immer über alles, das mir nicht passt [und] das mich beschäftigt. (Karin)<br />
„Telefonieren, das tut manchmal auch gut. Ein wenig mit jemandem, der nicht da oben ist.“<br />
(Marion)<br />
„Einfach ein bisschen mit der Kollegin [sprechen] [...]. Sag ich es denen<br />
[Trainingspartnerinnen] halt, dass es mich angurkt. Dann pushen sie mich immer ein<br />
wenig.“ (Lea)<br />
„Oder [ich pflege] auch mit dem Trainer darüber [zu] sprechen (Joelle)<br />
Das Denken vorübergehend ausschalten<br />
Eine weitere personale Ressource, die aus einer kognitiven Fähigkeit erwächst, wird hier anhand<br />
der aufgenommenen Äusserungen hergeleitet. In diesem Sinne äussern sich Marion und Jessica<br />
zunächst in der Diskussion über erlebte Belastungssituationen identisch: „Es [mein Leben] ist schon<br />
streng und du musst dich schon daran gewöhnen.“ (Marion) „Es [mein Leben] ist schon noch<br />
streng, aber man gewöhnt sich daran.“ (Jessica). Aus beiden Aussagen wird die Dimension der<br />
Gewohnheit deutlich. Wie bereits in der Präsentation der Befunde zum Belastungserleben E2 (siehe<br />
5.2 Befunde zur explorativen Fragestellung E2) werden als Reaktion auf Belastungen teilweise<br />
Adaptionsleistungen getätigt, was zu automatisierten Handlungsabläufen führt. Diese werden nicht<br />
bewusst wahrgenommen oder hinterfragt.<br />
Dass das Denken in beanspruchenden Situationen ausgeschaltet und die Fokussierung auf die<br />
entsprechenden Tätigkeit in den Vordergrund gerückt wird, bildet eine personale Ressource. Diese<br />
wird von Jessica wie folgt in Worte gefasst: „Man macht einfach das, was man machen muss.“ Eine<br />
Denkleistung wird in diesem Zusammenhang von ihr gar nicht erst erwähnt. Joelle bringt die<br />
Komponente des Nachdenkens hervor und wertet diese indes negativ: „Sonst klappt es nicht, wenn<br />
man nur immer denkt, 'ja ich mag jetzt halt nicht'.“ Dass eine kognitive Beteiligung in den<br />
beschriebenen Situationen nicht wirksam ist, bestätigt auch Karin: „Ich denke 'man muss ja<br />
trotzdem gehen', man kann ja nicht einfach sagen 'es gurkt mich an'.“ Der von Karin angesprochene<br />
Aspekt des Pflichtbewusstseins wird in diesem Zusammenhang auch von Marion genannt: „Wenn<br />
du einfach gar keine Lust hast dann [...] weisst du, du musst.“ In überaus vereinfachter Form kann<br />
das in den Äusserungen beschriebene Verhalten mit dem Satz „Nicht denken, machen!“<br />
ausgedrückt werden.<br />
Den Leistungsvergleich und die Orientierung an den Trainingspartnerinnen einschränken<br />
Sich nicht zu oft mit den Trainingspartnerinnen zu vergleichen und sich an ihnen zu orientieren,<br />
stellt eine weitere personale Ressource dar. Im Zitat von Joelle wird deutlich dass, „man nicht so auf<br />
die anderen hören muss.“ Lea ist sich dessen ebenfalls bewusst und geht folgendermassen damit<br />
um: „Du fährst deinen Puls runter und konzentrierst dich nur noch auf dich. [So]dass du nicht mehr<br />
auf die anderen hörst und die Dinge, die du machen möchtest, dir vorstellen [vorstellst] im Kopf.“<br />
Karin hat sich diese Fähigkeit im vergangen Jahr bewusst angeeignet, wenn sie meint: „Manchmal<br />
mache ich das, glaube ich, ein bisschen zu viel, bei den Besten sein wollen [...] Letztes Jahr habe<br />
ich immer gedacht 'nein du musst [das] jetzt so [machen], wenn jetzt das nicht [so] ist, dann denken<br />
die [andern].' Und jetzt wird [es] mir immer egaler, was die andern von mir denken [...].“ Auch<br />
Jessica greift auf die Fähigkeit der reduzierten Orientierung an den anderen, vor allem in<br />
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