Master Dominique Matthieu - Pestalozzianum
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7. SCHLUSSWORT UND AUSBLICK<br />
Belastungserleben mindern. Untermauert wurde diese Einschätzung durch mehrfache Äusserungen<br />
über die Vereinbarung von Schule und Leistungssport, deren Gelingen die interviewten<br />
Jugendlichen auf eben diese institutionellen Leistungen zurückführten. Die bedeutsame Rolle der<br />
strukturellen Ressourcen muss an dieser Stelle folglich betont werden.<br />
Als weitere Ressourcen wurden die sozialen Faktoren erhoben. In dieser Beziehung erwiesen sich<br />
die Familie, insbesondere die Eltern, an prioritärer Position und die Peers und FreundInnen aus dem<br />
Internat und aus der Trainingsgruppe als weitere soziale Ressourcen. Bei einzelnen Sportlerinnen<br />
sind ferner FreundInnen ausserhalb des leistungssportlichen Kontextes dem sozial unterstützenden<br />
Netzwerk zuzurechnen. Der Trainer wurde nur einmal genannt und somit in der Gesamtheit als<br />
strukturelle Ressource definiert. Die aufgeführten Personen werden deshalb als soziale Ressourcen<br />
identifiziert, da diese nicht nur faktische Hilfestellungen leisten, sondern von den Befragten auch<br />
als unterstützend wahrgenommen werden. Als qualitative Arten dieser Unterstützung wurde in<br />
Hinsicht auf die Elternbeziehung nebst materiellen und finanziellen Diensten deren Motivierung zu<br />
schulischen oder sportlichen Leistungen und Zielverfolgungen, die Milderung und Druckentlastung<br />
von Leistungen, die Wertschätzung ihrer Kinder als Person, unabhängig von der sportlichen<br />
Beschäftigung, sowie das Interesse an der spitzensportlichen Aktivität erkannt. Die Verlässlichkeit,<br />
die Intimität, eine freudvolle Stimmung, gleiche Auffassungen sowie das Erleben gemeinsamer<br />
Aktivitäten wurden gesamthaft von den Interviewpersonen als Faktoren einer<br />
Freundschaftsbeziehung bestimmt. Unter Betrachtung dieser Äusserungen wurde konstatiert, dass<br />
sich die genannten Unterstützungsqualitäten mit Befunden aus der allgemeinen Jugendforschung<br />
decken. Gleichzeitig können gewisse Aspekte bei jugendlichen SpitzensportlerInnen mehr im<br />
Zentrum stehen. So konkurrieren die Bedeutung der Eltern- und Peerbeziehungen wegen des<br />
beschränkten Zeithaushaltes mehr miteinander.<br />
Als personale Ressource wurde zunächst ein positives generelles Selbstkonzept erkannt, welches<br />
gemäss dem schulischen und sportlichen Bereich anders konstituiert wird. Der letztgenannte ist<br />
hierbei vulnerabler für den Gesamtselbstwert, da er durch internale Erfolgs- und<br />
Misserfolgsattributionen ausgebildet wird. Dies ist insofern eine Ressourcenleistung, als dass<br />
schulische und sportliche Misserfolge nicht gleichermassen den gesamten Selbstwert beeinflussen.<br />
Hinsichtlich der motivationalen Ausprägungen wird der Sport vor die Schule gestellt und mit mehr<br />
Eigeninitiative betrieben, wobei das Gesamthandeln von den Jugendlichen durch einen hohen Grad<br />
an erlebter Selbstbestimmung gekennzeichnet ist. Aus dieser Konstellation erwächst deswegen eine<br />
personale Ressource, da sie eine höhere (Lern-)leistung garantiert. Als Bindeglied der eben<br />
erwähnten Dispositionen wurde das Konzept der Selbstwirksamkeit herangezogen. In diesem Sinne<br />
geht aus einem positiven stabilen Selbstwert und einem hohen Grad an wahrgenommener<br />
Selbstbestimmung eine hohe Selbstwirksamkeitserwartung hervor, die es erlaubt, Probleme in<br />
aktiver Weise anzugehen und als Herausforderung zu betrachten. Dies bildet die Basis, auf der<br />
weitere Fähigkeiten und Fertigkeiten zum Tragen kommen, auf welche die Befragten in<br />
Belastungssituationen zurückgreifen. Als solche wurden gesamthaft die Folgenden erkannt: das<br />
Ansprechen von Problemen und Belastungen, die vorübergehende Ausschaltung des Denkens, die<br />
Einschränkung im Leistungsvergleich und in der Orientierung an den Trainingspartnerinnen, die<br />
Minderung der Selbstkritik und der Druckausübung auf sich selber, die Bewusstmachung der<br />
Selbstbestimmtheit der Gesamtaktivität, eine effektive Zeiteinteilung, ein organisatorisches<br />
Geschick und die Relativierung der eigenen Gesamttätigkeit. Als Bewältigungsstrategien waren<br />
Adaptions- und Verzichtleistungen zu erkennen.<br />
Im Hinblick auf die Leitfragestellung der Arbeit muss folglich nebst den obenstehend erläuterten<br />
sozialen und personalen Bewältigungsressourcen die grosse Relevanz der strukturellen<br />
Bedingungen im Bezug auf das schulisch-sportliche Doppelbelastungserleben betont werden.<br />
Überdies haben die Befragungen gezeigt, dass die theoretisch hergeleiteten Subkonstrukte in der<br />
Praxis schwer voneinander abzugrenzen sind. So stellt es beispielsweise eine Schwierigkeit dar,<br />
Ressourcenleistungen auf nur einen Belastungskomplex zu beziehen. Dass sich die Konzeptionen<br />
der personalen und sozialen Ressourcen teilweise vermischen, wurde bereits mehrfach<br />
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