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Professor Dr. med. Christian P. Speer Die medizinische - OPUS ...

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5<br />

Träger gesellschaftlicher Hoffnungen gemacht 9 . Durch adäquate Erziehungsmaßnahmen sollte<br />

das Kind zum selbstbewussten und vernünftigen Staatsbürger erzogen werden 10 .<br />

Rousseau ging in seinem 1762 veröffentlichten Werk „Émile ou de l’éducation “ noch weiter.<br />

Er fordert darin „die Kindheit im Kinde reifen“ zu lassen, anstatt „im Werk des Schöpfers<br />

herumpfuschen“ zu wollen und verlangt die Kindheit als behüteten „Schonraum“ sowie die<br />

Jugendzeit als „psychosoziale Reifezeit“ zu respektieren. Damit schuf der Franzose völlig neue<br />

kulturelle Leitbilder.<br />

Man muss sich jedoch vergegenwärtigen, dass diese neuen Denkansätze in erster Linie in die<br />

adligen und bürgerlichen Schichten drangen. Bis zu den Armen drangen diese Prinzipien erst<br />

allmählich innerhalb der folgenden 200 Jahre vor 11 .<br />

Noch eine Neuerung geht aus dieser Epoche hervor: der aufgeklärte Staat sieht sich vor allem<br />

aus wirtschaftlichen und bevölkerungspolitischen Gründen erstmalig veranlasst, sich um Pflege<br />

und Gesundheit seines Nachwuchses zu kümmern. Medizin und ein verbessertes soziales Netz<br />

sollen das Überleben der Kinder sichern 12 . <strong>Die</strong>se neue Einstellung zum Kind war eine der<br />

Voraussetzungen für die Entwicklung der Pädiatrie zum eigenen Spezialgebiet 13 .<br />

Allerdings änderte diese neue Sichtweise nichts daran, dass es im Zuge der Industrialisierung<br />

zur Vermehrung der Kinderarbeit und zur immer größeren Verelendung großer Teile der<br />

Bevölkerung kam. Es gehörte nicht zur Ausnahme, dass Kinder ab dem sechsten Lebensjahr 6<br />

Arbeitstage die Woche 12-14 Stunden lang in Werkstätten und Fabriken, im Bergbau oder der<br />

Landwirtschaft schufteten. Je schneller die industrielle Revolution voranschritt, umso mehr<br />

verschlimmerten sich die Verhältnisse für die Menschen. 14 .<br />

<strong>Die</strong> meisten Kinder hatten Mitte des 19. Jahrhunderts somit ein hartes, von Arbeit und Pflichten<br />

geprägtes Leben, fernab des von Rousseau gefordertem „Schonraums“.<br />

9<br />

Vgl. Seidler (1997), S.5; vgl. Seidler (1984) , S.17<br />

10<br />

Vgl. Sutter (1987), S.7<br />

11<br />

Vgl. Herrmann (1988)<br />

12<br />

Vgl. Sutter (1987), S.7; vgl. Seidler (1984), S.17<br />

13<br />

Vgl. Sutter (1987), S.8<br />

14<br />

Vgl. Zischka (1987), S.18

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