Professor Dr. med. Christian P. Speer Die medizinische - OPUS ...
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Hans-Heinz Eulner schrieb 1970 in seinem Werk „<strong>Die</strong> Entwicklung der <strong>med</strong>izinischen<br />
Spezialfächer an den Universitäten des deutschen Sprachgebietes“ folgendes über Rinecker:<br />
„Würzburg hatte also für einige Zeit einen Ordinarius, der über eine Kinderklinik und<br />
Poliklinik verfügte. Aber den vielseitigen Rinecker deshalb zum Ordinarius der<br />
Kinderheilkunde stempeln zu wollen, hieße doch wohl den Tatsachen Gewalt antun.<br />
Ebensogut könnte er für die Physiologie, die Pharmakologie, besonders aber die<br />
Psychiatrie und zuletzt noch für die Dermatologie in Anspruch genommen werden“ 273 .<br />
Vergleicht man diese Aussage mit den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit, so bestätigen diese<br />
Eulners Interpretation. Der akademische Senat beantragt 1842 Rinecker den „Lehrzweig“<br />
Kinderkrankheiten neben seinem Nominalfach zu übertragen (vgl. S.58), und 1850 spricht<br />
Rinecker selbst von der „Übernahme der Kinderkrankenanstalt durch den <strong>Professor</strong> der<br />
Poliklinik” (vgl. S.82). Außerdem übergibt er nach seinem Abgang die Betten der ambulanten<br />
Kinderklinik an die Poliklinik und die der “stabilen” an die Innere Medizin ab. Folglich war die<br />
Pädiatrie in Würzburg nicht wirklich eigenständig.<br />
Rinecker war 1838 zum Ordinarius für Poliklinik und Arzneimittellehre ernannt worden, die<br />
anderen „Lehrzweige“, also Pädiatrie, Psychiatrie und Dermatologie, hat er mit viel Einsatz,<br />
aber eben zusätzlich vertreten. Natürlich brauchte er dafür die Genehmigung der Obrigkeit.<br />
Mit dieser Feststellung sollen in keiner Weise Rineckers herausragende Verdienste für die<br />
Kinderheilkunde geschmälert werden. Er gehörte zu den wichtigen Poliklinikern des 19.<br />
Jahrhunderts, die sich verstärkt den Kindern zugewandt und um die Pädiatrie verdient gemacht<br />
haben. Rineckers enorme Bedeutung für die Pädiatrie äußerte sich ja auch insofern, als er<br />
Gründungsmitglied der „Section für Pädiatrik“ sowie Mitherausgeber des „Jahrbuch(es) für<br />
Kinderheilkunde“ und des „Handbuch(es) der Kinderheilkunde“ war. Außerdem muss in diesem<br />
Zusammenhang darauf hingewiesen werden, dass Carl Gerhardt, der „wissenschaftliche<br />
Promotor“ der deutschen Kinderheilkunde, Rineckers Schüler gewesen und daher mit Sicherheit<br />
durch die pädiatrische Tätigkeit seines Lehrers geprägt worden war. Der erste wirkliche<br />
Ordinarius für Kinderheilkunde an einer deutschen Universität ist demnach seit 1894 Otto<br />
Heubner in Berlin.<br />
273 . Eulner (1970), S.215