Professor Dr. med. Christian P. Speer Die medizinische - OPUS ...
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Durch das rege Vereinsleben kam es zur Annäherung und langsamen Durchmischung der<br />
verschiedenen Stände und somit zur Aufhebung der bisher existierenden rigiden Trennung<br />
zwischen denselben. <strong>Die</strong>s wirkte sich natürlich auch auf das öffentliche Leben aus, so dass man<br />
nun eine gemischte Gesellschaft in denselben Lokalen sitzen und auf den Promenaden spazieren<br />
sah. Anstatt sich jedoch diese Offenheit zu bewahren, sonderten sich die Vereine wieder von<br />
„unteren“ Bevölkerungsgruppen ab und vereinigten die nach dem Verständnis der damaligen<br />
Zeit „bessere Gesellschaft“. Damit wurde nach Aufhebung des Kastensystems eine neue<br />
gesellschaftliche Ordnung gebildet und die Zeit des Biedermeier ausgeläutet 88 .<br />
3.1.6 Spezielle Situation von Familien<br />
Wie bereits erwähnt, erholte sich Würzburgs Bevölkerung erstaunlich schnell von den schweren<br />
Zeiten im ersten <strong>Dr</strong>ittel des 19. Jahrhunderts. Schon bald beanspruchte jeder noch so arme<br />
Würzburger für sich ein halbes Pfund Fleisch pro Tag, weshalb Würzburg in den dreißiger<br />
Jahren einen größeren Lebensmittelverbrauch im Vergleich zu anderen Städten ähnlicher Größe<br />
aufwies 89 . <strong>Die</strong> Stabilisierung wurde auch dadurch begünstigt, dass keine Kriege, ausgeprägte<br />
Epidemien oder besonders harte Naturwitterungen die Menschen belasteten 90 .<br />
1847 änderte sich die Situation jedoch wieder. Es kam zum Ausbruch einer Hungersnot, da zwei<br />
Jahre hintereinander die Ernte verregnet war und außerdem viele Bauern nach Amerika<br />
ausgewandert waren. Gleichzeitig führte die fatale bayerische Zollpolitik zum Untergang des<br />
Würzburger Weinbaus und vieler anderer Unternehmen. So wurden zahlreiche Familien, deren<br />
Existenz vom Absatz des Weines abhängig war, in die Armut getrieben 91 .<br />
Rinecker erläuterte 1848 dazu, dass<br />
„in den vier (...) Distrikten (rechts des Mains), welche 7/9 der Gesammtpopulation der<br />
Stadt enthalten, im Mittel 300 Familien und einzelne Personen wohnen, die eine<br />
bestimmte wöchentliche oder monatliche Unterstützung aus der städtischen Armenkasse<br />
beziehen, so daß bei Zählung der einzelnen Familienmitglieder die Summe von<br />
88 Vgl. Wirsing (1980); vgl. Abert (1950)<br />
89 Vgl. Wirsing (1980)<br />
90 Rinecker (1848), S.42<br />
91 Vgl. Dettelbacher (1984), S.133-141