Professor Dr. med. Christian P. Speer Die medizinische - OPUS ...
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1. Einleitung<br />
1.1 Ziele und Wege der Arbeit<br />
1<br />
Das heutige Engagement von Ärzten und der gesamten Gesellschaft in Deutschland, sich um die<br />
Gesundheit eines jeden Kinderlebens bzw. die Heilung und Linderung seiner Krankheiten und<br />
Behinderungen zu kümmern, erscheint uns so selbstverständlich, als ob es nie hätte anders sein<br />
können. Ein Blick in die Geschichte korrigiert jedoch diese Meinung in erheblichem Maße.<br />
Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts nahm man fast selbstverständlich hin, dass ein großer Teil<br />
der Säuglinge vor Ende des ersten Lebensjahres starb. In Bayern etwa waren dies zwischen<br />
1827 und 1869 30,1% aller Neugeborenen. Auch ältere Kinder überlebten viel häufiger als<br />
Erwachsene Erkrankungen wie Durchfall, Keuchhusten und Masern nicht. Das bedeutet, dass in<br />
einer Familie nur wenige Kinder das Erwachsenenalter erreichten 1 . Auch wohlhabende Familien<br />
blieben davon nicht verschont. Als Beispiel sei die Kaiserin Maria Theresia (reg.1740-1780)<br />
erwähnt, die fünf ihrer insgesamt sechzehn Kinder früh verlor 2 . <strong>Die</strong> Ärzte standen dem Problem<br />
der hohen Kinder- und Säuglingssterblichkeit hilflos gegenüber, da grundlegendes Wissen über<br />
Pathologie, Verlauf und Therapie von Kinder- und Säuglingskrankheiten fehlte.<br />
<strong>Die</strong>ser Mangel an Wissen führte auch dazu, dass kranke Kinder bis spät ins 19. Jahrhundert<br />
meist in den gleichen Räumen mit kranken Erwachsenen untergebracht wurden. Teilweise<br />
mussten sie sich sogar die Betten mit ihnen teilen, so dass viele Krankheiten, z.B. Tuberkulose,<br />
einfach übertragen werden konnten.<br />
Nachdem das erste eigens für Kinder vorgesehene Krankenambulatorium, als „Dispensary for<br />
sick children”, 1769 von George Armstrong in London und das erste Kinderkrankenhaus, das<br />
„Hôpital des enfants malades“, 1802 in Paris gegründet worden waren, entstanden in<br />
Deutschland zwar ab Beginn des 19. Jahrhunderts auch immer mehr meist privat getragene<br />
Kinderheilanstalten, doch dauerte es über ein Jahrhundert lang, bis solche Institutionen in<br />
Deutschland zum Standard wurden 3 .<br />
1<br />
Vgl. Beuys (1990), S.399-400<br />
2<br />
Vgl. Berglar (1980), S.91<br />
3<br />
Vgl. Lilienthal (1990), S.1-10; vgl. Miller (1964), S.5