Professor Dr. med. Christian P. Speer Die medizinische - OPUS ...
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5. Zusammenfassende Würdigung<br />
115<br />
Mitte des 19. Jahrhunderts gab es in Deutschland nur ganz wenige Heil- und Krankenanstalten<br />
speziell für Kinder, was einerseits daran lag, dass das Interesse des Staates an seinem<br />
Nachwuchs noch nicht sehr ausgeprägt war, andererseits die „Fachdisziplin Pädiatrie“ aufgrund<br />
der noch sehr rückständigen Medizin erst in ihren Anfängen stand.<br />
Es ist daher bemerkenswert, dass bereits am 7. Juli 1841 ein an den Senat der Universität<br />
Würzburg gerichtetes Königlich Bayerisches Dekret erlassen wurde, das die Errichtung einer<br />
klinischen Anstalt für Kinder und eine damit verbundene regelmäßige Abhaltung von<br />
Vorlesungen über Kinderkrankheiten bezwecken sollte.<br />
Senat und Fakultät der Universität Würzburg, bzw. deren maßgebliche <strong>Professor</strong>en, begrüßten<br />
den Erlass und sahen eine solche klinische Institution für Kinder als absolut notwendig an. Bei<br />
ihrer Argumentation weisen sie auf die Besonderheiten des kindlichen Organismus hin und die<br />
sich daraus ableitende Notwendigkeit, angehende Ärzte über Kinderkrankheiten theoretisch und<br />
praktisch ausbilden zu müssen, was nur in einer besonderen Kinderklinik möglich sei.<br />
<strong>Die</strong> Frage, welche Art von Klinik für die Ausbildung von „Kinder-Ärzten“ erforderlich sei,<br />
wurde dahingehend beantwortet, dass nur eine „stabile“ Kinderklinik den Anforderungen einer<br />
solchen Lehranstalt gerecht würde. „Denn nur so ist ein methodischer Unterricht, nur so genaue<br />
Beobachtung, tieferes Studium und tiefere Anleitung und somit die Bildung gründlicher Kinder-<br />
Ärzte möglich.“ (…) „Dann wird in der hier bestehenden Poliklinik der junge Arzt auch in das<br />
Eigenthümliche der Kinderpraxis im Privatleben mehr mit Vortheil eingeführt werden können“,<br />
lautete die Begründung in den Gutachten der <strong>med</strong>izinischen Fakultät Würzburg. Außerdem<br />
wurden die Heilungsschancen als wesentlich besser eingeschätzt, wenn die kranken Kinder<br />
stationär in einer Klinik außerhalb ihres gewöhnlichen Lebensmilieus, das von „Mangel an<br />
Pflege, schlechte(r) Nahrung (und) ungesunde(n) Wohnungen“ geprägt war, behandelt würden.<br />
<strong>Die</strong> Motivation, die hinter dem Vorhaben der Gründung einer Kinderklinik in Würzburg stand,<br />
kann also sowohl von Seiten der Regierung als auch der <strong>med</strong>izinischen Fakultät als für die<br />
damalige Zeit überaus fortschrittlich und weitsichtig bezeichnet werden.