11.12.2012 Aufrufe

Professor Dr. med. Christian P. Speer Die medizinische - OPUS ...

Professor Dr. med. Christian P. Speer Die medizinische - OPUS ...

Professor Dr. med. Christian P. Speer Die medizinische - OPUS ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

2.2.3 Rudolf Virchow als Kritiker<br />

9<br />

Erschüttert von der sich zusehends verschlechternden sozialen Situation in Deutschland wird<br />

der noch junge, aber schon hochangesehene, aus Pommern stammende Arzt Rudolf Virchow<br />

(1821-1902), zum bedeutenden Sozialkritiker und Reformer dieser Zeit.<br />

1843 beendete er sein Medizinstudium in Berlin und wurde 1846 pathologischer Prosektor an<br />

der Charité. Im Frühjahr 1848 unternahm er auf Befehl des preußischen Kultusministeriums<br />

eine Reise nach Oberschlesien. Seine Aufgabe war es, dort eine sogenannte „Hungertyphus-<br />

Epidemie“ zu untersuchen. Da Virchow jedoch typische Symptome vermisste, hatte er starke<br />

Zweifel daran, dass es sich bei den erbärmlich aussehenden Menschen tatsächlich um an Typhus<br />

leidende Patienten handelte. Vielmehr sah er die katastrophalen Lebensbedingungen in<br />

Oberschlesien als Grund für das Elend der Menschen dort an.<br />

Virchow verfasste nach seiner Rückkehr die „Mittheilungen über die in Oberschlesien<br />

herrschende Typhusepidemie“ (Berlin 1848), doch „was der junge Doktor von Oberschlesien<br />

nach Hause brachte, war kein wissenschaftlicher Bericht, sondern eine Anklageschrift, ein<br />

Pamphlet gegen Bürokratie und Latifundienbesitzer“ kommentierte Theodor Heuss später 20 .<br />

Beamtenschaft und Kirche machte Virchow also für die miserable soziale Situation in<br />

Oberschlesien verantwortlich. Er klagte sie für ihre Versäumnisse an und verlangte ab sofort<br />

„Bildung mit ihren Töchtern, Freiheit und Wohlstand“ für jedermann. Außerdem appellierte er<br />

an die soziale Verantwortung der Ärzte, indem er im November 1848 erklärte:<br />

„<strong>Die</strong> Medizin ist eine soziale Wissenschaft und die Politik ist weiter nichts als Medizin<br />

im Großen“ 21 .<br />

In seinem 1849 veröffentlichten Buch „<strong>Die</strong> Einheitsbestrebungen in der wissenschaftlichen<br />

Medizin“ gibt er dann eine ausführliche Stellungnahme zur Aufgabe der Medizin ab:<br />

„Soll die Medizin daher ihre große Aufgabe wirklich erfüllen, so muß sie in das große<br />

politische und soziale Leben eingreifen; sie muß die Hemmnisse (Hungersnot, Seuchen<br />

20<br />

Vgl. Vasold (1988), S.73, vgl. Hirsch (1934), V. S.768<br />

21<br />

Vgl. Vasold (1988), S.71-101; vgl. Orth (1999)

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!