13.06.2018 Aufrufe

sportFACHHANDEL 08_2018 Leseprobe

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

8.<strong>2018</strong> Nachfolge<br />

Nachfolge | TITELSTORY | 119<br />

„von bis zu 15.000 Unternehmen“ sämtlicher<br />

Wirtschaftszweige zurückgreift, werden die Zahlen<br />

konkretisiert: Demnach sind bereits jetzt über<br />

1,4 Millionen Inhaber von kleinen und mittleren<br />

Unternehmen 55 Jahre oder älter. Zum Zeitpunkt<br />

des geplanten Rückzugs wäre ein Viertel von ihnen<br />

über 70, jeder zehnte fast 80 Jahre alt. Die KfW<br />

spricht deshalb von einer „Nachfolgewelle“,<br />

die in den kommenden fünf Jahren über<br />

den Mittelstand in Deutschland rollen wird.<br />

Längst geht es dabei aber nicht nur um eine geeignete<br />

Nachfolgelösung. Vielmehr beschäftigen sich<br />

viele Unternehmer damit, das Geschäft nach dem<br />

Abschied in den Ruhestand zu schließen. Für jeden<br />

siebten Inhaber sei die Silllegung eine Option, „für<br />

viele die einzige“. Weitere sechs Prozent würden<br />

laut KfW eine Schließung des Geschäfts oder<br />

Betriebs zumindest ernsthaft in Betracht ziehen.<br />

Würden diese Stilllegungen tatsächlich erfolgen,<br />

würde es bis 2022 über 300.000 Schließungen<br />

geben. Rechnet man die halbe Million derjenigen<br />

Inhaber hinzu, die auf eine Nachfolge hoffen,<br />

stehen für insgesamt mindestens über 800.000<br />

kleine und mittelständische Unternehmen grundlegende<br />

Veränderungen unmittelbar bevor.<br />

Ein gegenläufiges, die aktuelle Entwicklung aber<br />

unterstützendes Phänomen spiegelt sich bei den<br />

Interessenten wieder: Deren Anzahl nämlich sinkt.<br />

Während Medien und Politik im Start-up-Fieber<br />

sind, wagen so wenige Menschen „wie nie“ den<br />

Schritt in die unternehmerische Selbständigkeit.<br />

Nach Angaben der KfW gab es 2001 noch über 1,5<br />

Millionen Gründer, 2016 mit 672.000 nicht einmal<br />

mehr halb so viele. Zu stark sei derzeit „der Absorptionseffekt<br />

des dynamischen Arbeitsmarktes“.<br />

Hinzu käme, dass Existenzgründer lieber neu<br />

gründen als bestehende Unternehmen zu übernehmen.<br />

So hätten sich 2016 nur rund 154.000<br />

Existenzgründer durch eine Unternehmensbeteiligung<br />

oder -übernahme selbständig gemacht.<br />

Im Sportfachhandel ist die Situation sogar noch<br />

dramatischer. Michael Fanck, Bereichsleiter<br />

Partner/Markt bei der Sport 2000, berichtet: „Die<br />

Nachfolge-Thematik ist ein branchenübergreifendes<br />

Phänomen und betrifft natürlich auch den<br />

Sportfachhandel. Bei ca. einem Viertel unserer<br />

Partner stellt sich das Thema in den nächsten<br />

Jahren bzw. ist in einer Reihe von Fälle auch akut.“<br />

Zwar zeichne sich „bei einem größeren Teil dieser<br />

Partner“ bereits eine erfolgreiche Nachfolgeregelung<br />

ab oder ist in Ansätzen schon umgesetzt.<br />

Bei vielen Händlern allerdings noch nicht. Und,<br />

fügt Fanck hinzu: „es muss uns allen auch klar sein,<br />

dass es auch Partnerunternehmen geben wird, bei<br />

denen es zu keiner Nachfolge kommen wird.“<br />

Die Gründe dafür sind vielfältig. Mal ist es der<br />

Standort, der nicht zukunftsfähig ist. Hohe Mieten,<br />

wenig attraktive Lage oder auch Verbindlichkeiten,<br />

die das zur Nachfolge stehende Unternehmen zu<br />

bewältigen hat, schrecken potenzielle Existenzgründer<br />

ab. Auch das Geschäftsmodell kann über<br />

die Zukunftsfähigkeit entscheiden: Ist das Geschäft<br />

modern? Die Sortimentsstruktur auf die örtliche<br />

Zielgruppe zugeschnitten? Weil ohne Nachfolgeregelung<br />

nur noch selten und wenig in das Geschäft<br />

investiert wird, sind die Einstiegshürden für Gründer<br />

häufig zu hoch. In vielen Fällen ist es aber auch<br />

das ausbleibende Interesse von potentiellen Nachfolgern,<br />

das zu einer Geschäftsschließung führt.<br />

„Dabei“, so Tim Wahnel, „gibt es eine ganze Reihe<br />

von profitablen Standorten und interessanten Geschäften,<br />

deren Zukunftsfähigkeit aus unserer Sicht<br />

gegeben ist.“ Die Entscheidung, wie die Nachfolge<br />

zu regeln ist, trifft dabei der Inhaber. Gibt es<br />

Familienangehörige, in der Regel die eigenen<br />

Kinder, die das Geschäft weiterführen möchten und<br />

können? Drängt sich ein Mitarbeiter auf, der das<br />

Unternehmen kaufen wird? Oder gibt es einen interessierten<br />

Dritten, ob Gründer oder Wettbewerber,<br />

der an dem Standort Interesse zeigt? Die Übergabeformen<br />

sind dabei vielfältig. Innerhalb der Familien<br />

kommt es häufig zur Schenkung oder zur so<br />

bezeichneten vorweggenommenen Erbfolge.<br />

Wird verkauft, unterscheidet man häufig zwischen<br />

Management Buy Out durch Mitarbeiter und<br />

Management Buy In durch externe Dritte. Auch<br />

Übergaben auf Rentenbasis, bei der der Altinhaber<br />

regelmäßig eine festzulegende Summe als Kaufpreis<br />

in Raten erhält, ebenso wie Übergabe durch<br />

Verpachten oder Vermieten können bei Nachfolgeregelungen<br />

eine Rolle spielen.<br />

Sport Schröer in Unna gehört zu denjenigen<br />

Fachgeschäften, die den Übergang innerhalb der<br />

Familie vollziehen – und das schon in der dritten<br />

Generation. Gegründet hatte das Geschäft, das<br />

spezialisiert ist auf Kanu, Kajak und Outdoor, 1962<br />

Dieter Schröer. Später kamen Sohn Frank Schröer<br />

hinzu und zuletzt Enkel Kai Schröer. Alle drei sind<br />

nach wie vor im Unternehmen und teilen sich die<br />

Verantwortung in der Geschäftsführung. Kai<br />

Schröer berichtet: „Jeder von uns muss zu >>><br />

BLOSS NICHT LOSLASSEN?<br />

Anzahl der Senior-Unternehmer, die ...<br />

... nicht rechtzeitig vorbereitet sind<br />

... emotional nicht „loslassen“ können<br />

... keinen passenden Nachfolger finden<br />

... einen überhöhten Kaufpreis fordern<br />

... hohe Erbschaftsteuerbelastung befürchten<br />

... wegen Altersvorsorge warten<br />

21%<br />

Outdoor-Profi Tim Wahnel<br />

weiß, dass eine Vielzahl von<br />

Standorten zukunftsfähig und<br />

profitabel ist.<br />

Die Nachfolgersuche<br />

gestaltet sich für viele Inhaber<br />

schwierig. Die Gründe sind<br />

vielfältig und reichen von<br />

individuellen bis hin zu<br />

gesellschaftlichen Problemen.<br />

28%<br />

36%<br />

42%<br />

41%<br />

44%<br />

QUELLE: DIHK-REPORT ZUR UNTERNEHMENS-<br />

NACHFOLGE 2017, MEHRFACHNENNUNGEN<br />

MÖGLICH

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!