sportFACHHANDEL 08_2018 Leseprobe
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8.<strong>2018</strong> Nachfolge<br />
Nachfolge | TITELSTORY | 123<br />
Man sollte meinen, dass auch die Verbundgruppen,<br />
die sich nach wie vor als Hüter des inhabergeführten<br />
Fachhandels verstehen, ein ureigenes<br />
Interesse daran haben, potentielle Übernahmen<br />
aktiv zu begleiten, gerade weil die Nachfolgeproblematik<br />
so akut ist. Mit der DZB Bank auf<br />
Seiten der ANWR Group und der RSB Bank bei<br />
der Intersport gibt es sogar starke Banken, die eine<br />
Gründung unterstützen könnten. Sport 2000-Mann<br />
Michael Fanck erläutert: „Sollte der Händler in<br />
seiner Familie, seinem Unternehmen oder in<br />
seinem regionalen Netzwerk keinen Kandidaten haben,<br />
geben wir im Rahmen unserer Möglichkeiten<br />
alles, um ihn mit unserem Know-how und Netzwerk<br />
zu unterstützen. Wenn ein Nachfolge-Kandidat<br />
vorhanden ist, greift ein umfangreiches Beratungs-<br />
Paket und wir begleiten das Unternehmen eng in<br />
dem Nachfolgeprozess, falls dies gewünscht wird.<br />
Dies ist ein Prozess, der alle Aspekte der Übergabe<br />
beinhaltet und der mit dem abgebenden Unternehmen<br />
und dem Nachfolge-Kandidaten gemeinsam<br />
stattfindet.“ In diesem Rahmen kann die Sport 2000<br />
auch bei der Ermittlung des Kapitalbedarfs und<br />
bei der Zusammensetzung eines bedarfsgerechten<br />
Finanzierungskonzepts beratend zur Seite stehen.<br />
„Selbstverständlich“, so Michael Fanck, „ist es ein<br />
großer Vorteil, mit der DZB eine Bank an der Seite<br />
zu haben, die eine ausgeprägte Einzelhandels-<br />
Expertise besitzt und natürlich bestrebt ist, die<br />
Unternehmensfortführungen unserer Partner<br />
positiv zu unterstützen.“ Dem sind aber recht enge<br />
Grenzen gesetzt. Denn „auch die DZB ist bei der<br />
Zurverfügungstellung von Finanzdienstleistungen<br />
an die entsprechenden bankenrechtlichen<br />
Vorgaben gebunden.“ Und diese sehen eben die<br />
bereits erwähnten Bewertungen der Chancen einer<br />
Unternehmensübernahme durch die Banken vor.<br />
Während technische und digitale Start-ups also auf<br />
Risikokapitalgeber hoffen können, hört sich die<br />
Förderung von Gründern im Einzelhandel gelinde<br />
gesagt eher konservativ an. Klar ist, dass in die<br />
Bewertung von geplanten Unternehmensübernahmen<br />
auch viele Risikofaktoren einfließen: Ist<br />
das bisherige Geschäftsmodell auch unter einem<br />
neuen Inhaber zukunftsfähig? Ziehen die Mitarbeiter<br />
auch bei einer Neuausrichtung und der<br />
Einführung neuer Unternehmensprozesse mit?<br />
Gibt es eventuell einen Investitionsstau? Müssen<br />
bestehende Verbindlichkeiten übernommen werden?<br />
Und welche Vertragskonditionen übernimmt<br />
der Nachfolger, also beispielsweise Mietverträge,<br />
Arbeitsverträge oder Verträge mit Lieferanten und<br />
Verbänden? Bei der Chancenbewertung mag auch<br />
eine Rolle spielen, dass der Einzelhandel insgesamt<br />
als wenig „sexy“ gilt. Einem hohen Aufwand steht<br />
ein vergleichsweise geringes Ertragsversprechen<br />
Die Übernahme der Biwakschachtel in Koblenz funktionierte auch<br />
deshalb so gut, weil alle Beteiligten am selben Strang zogen.<br />
entgegen. Auch deshalb gestaltet sich die Nachfolgesuche<br />
immer schwieriger. „Dabei spielt auch<br />
eine Rolle“, fügt Tim Wahnel hinzu, „dass der<br />
Fachhandel schon seit vielen Jahren immer wieder<br />
totgesagt wird. Dabei gibt es den Fachhandel trotz<br />
Versandhandel, trotz Own Retail und trotz Internet<br />
immer noch – und es wird ihn auch in Zukunft<br />
geben.“<br />
Warum aber lohnt es sich trotzdem, ein Einzelhandelsgeschäft<br />
zu übernehmen? Oftmals kann<br />
ein Nachfolger ein bestens bekanntes und eingeführtes<br />
Unternehmen mit festem Kundenstamm<br />
fortführen. Die zu erwartenden Umsätze können<br />
aufgrund der Unternehmenshistorie zumindest<br />
gut geschätzt werden und in der Regel gibt es<br />
bereits eingearbeitete und erfahrene Mitarbeiter.<br />
Für Kai Schröer steht fest: „Ich habe den Schritt in<br />
die Selbständigkeit bisher nicht bereut. In anderen<br />
Bereichen arbeitet man ja nicht unbedingt weniger.<br />
Egal in welchem Bereich man erfolgreich sein will,<br />
das wird immer mit Mehraufwand verbunden sein.<br />
Mein Enthusiasmus zum Outdoor- und Kanusport<br />
hat mich aber letztlich wieder in den Fachhandel<br />
zurückgeführt. Ich sehe mich da zudem in der<br />
Verantwortung, unser Familienunternehmen erfolgreich<br />
auch in die dritte Generation zu führen.“<br />
Daniel Jung fügt hinzu: „In der Outdoorbranche<br />
würde ich mich wieder selbständig machen, weil<br />
die Selbständigkeit hier immer noch Freiheit<br />
bedeutet. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass<br />
es am besten ist, wenn man authentisch bleibt<br />
und wirklich nur das macht, wovon man wirklich<br />
überzeug ist. Manchmal muss man zudem auch<br />
Aufgaben abgeben können, weil andere schlicht<br />
mehr Erfahrung haben. Und wenn man so wie ich<br />
das Glück hat, gute Mitarbeiter zu übernehmen,<br />
fällt auch das tägliche Geschäft in einer sehr guten<br />
Arbeitsatmosphäre viel leichter.“