15.05.2020 Aufrufe

CRESCENDO 4/19 Juni-August 2019

CRESCENDO – das Magazin für klassische Musik und Lebensart. Interviews unter anderem mit Gidon Kremer, Augustin Hadelich, Benjamin Schmid und Maurice Steger.

CRESCENDO – das Magazin für klassische Musik und Lebensart.
Interviews unter anderem mit Gidon Kremer, Augustin Hadelich, Benjamin Schmid und Maurice Steger.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

FOTO: RÜDIGER SCHESTAG; ANNE C ERIKSEN; SIMON-PAULY; TINA RUISINGER; CHRISTIANE HEINRICH; HAMBURGER STAATSOPER; COOPER AND GORFER; PETER ADAMIK; UWE LEWANDOWSKI; FRANZISKA DANNHEIM; EWA KRASUCKA; THOMAS KRAUT;<br />

MARCO BORGGREVE; HELMUT SCHWARZ<br />

18. Juli bis 6. September, 63. Gstaad Menuhin Festival<br />

MAGISCHES PARIS<br />

Patricia Kopatchinskaja und Sol Gabetta in Gstaad 2018<br />

FOTO: RAPHAEL FAUX<br />

<strong>19</strong>. bis 23. <strong>Juni</strong>, Ries<br />

Vor 20 Jahren verstarb Yehudi Menuhin. Das Festival im Herzen der<br />

Schweizer Alpen, das er <strong>19</strong>57 ins Leben rief, erinnert an das Wunderkind<br />

Menuhin, das mit zehn Jahren unbedingt Unterricht bei George<br />

Enescu, „dem Absoluten“, in Paris haben wollte. „Paris ist magisch und<br />

hat über die Jahrhunderte nichts von dieser Faszination und Anziehung<br />

verloren“, betont Intendant Christoph Müller. Er hat ein Programm entworfen,<br />

das im Zeichen von Paris steht und von französischen Musikern<br />

geprägt ist. In einem Chorkonzert stellt Hervé Niquet mit Solisten und<br />

seinem Concert Spirituel den Barockkomponisten Marc-Antoine Charpentier<br />

vor, einen Meister sakraler Festmusik. Und Olivier Latry, der<br />

Organist von Notre-Dame de Paris, gibt ein Orgelkonzert in der Kirche<br />

Saanen. Konzertant kommt Bizets Carmen mit dem Orchester des<br />

Opernhauses Zürich unter Marco Armiliato zur Aufführung. Gaëlle Arquez<br />

singt die Titelpartie und Marcelo Álvarez die Partie des Don José.<br />

Während das Orchestre philharmonique de Radio-France und das Orchestre<br />

National de Lyon zwei große Konzerte im Festivalzelt bestreiten,<br />

spielt Adam Laloum das Erste Klavierquintett von Gabriel Fauré, das<br />

auf Schweizer Boden entstand. Das Artist-in-Residence-Programm<br />

gestaltet der Pianist Bertrand Chamayou. Darüber hinaus findet ein<br />

Wiedersehen mit der Pianistin Khatia Buniatishvili statt, die zu den Lieblingen<br />

des Festivals gehört. Weitere Gäste sind die Sängerinnen Nuria<br />

Rial und Cecilia Bartoli, die Geigerinnen Vilde Frang, Patricia Kopatchinskaja<br />

und Hilary Hahn sowie die Cellisten Sol Gabetta und Gautier<br />

Capuçon. Und im Abschlusskonzert mit der Staatskapelle Dresden unter<br />

Myung-Whun Chung setzt sich Yuja Wang an den Flügel.<br />

Gstaad, verschiedene Spielorte, 18.7. bis 6.9., www.gstaadmenuhinfestival.ch<br />

EMPFINDSAMKEIT UND HUMOR<br />

Johannes Moesus<br />

Johannes Moesus, der künstlerische Leiter der<br />

Festtage, stellt den vergessenen Komponisten<br />

Antonio Rosetti vor.<br />

<strong>CRESCENDO</strong>: Maestro Moesus, als Gründer<br />

und künstlerischer Leiter der Rosetti-Tage<br />

im Ries widmen Sie sich der Aufgabe, das<br />

Werk Rosettis wieder zum Klingen zu bringen.<br />

Was zeichnet seine Musik aus?<br />

Johannes Moesus: Das kann ich in vier Schlagworte<br />

fassen: Klarheit, Empfindsamkeit, Naivität<br />

im besten Sinne und Humor. Stilistisch bewegt<br />

sich seine Musik im Spannungsfeld zwischen<br />

der Wiener Klassik – Joseph Haydn ist<br />

sein großes Vorbild – und der Mannheimer Schule.<br />

Zudem beeinflussten ihn die Volksmelodien<br />

und musikalischen Traditionen seiner böhmischen<br />

Heimat.<br />

Von den Zeitgenossen soll Rosetti mit Haydn und Mozart auf eine<br />

Stufe gestellt worden sein. Aber die Nachwelt hat ihn vergessen.<br />

Wie ist das zu erklären?<br />

Mozart hatte das Glück, dass sein Werk auch nach seinem Tod insbesondere<br />

von seiner Witwe weiter vermarktet wurde. Haydn war ein<br />

ausgeprägt guter Geschäftsmann und kümmerte sich sein langes Leben<br />

lang intensiv um Verkauf und Verbreitung seiner Kompositionen. Rosetti<br />

dagegen geriet mangels aktiver Erben bald nach seinem Tod in<br />

Vergessenheit. Hinzu kommt, dass Ende des 18. Jahrhunderts ein Wandel<br />

des Geschmacks eintrat. So wichen die Vertreter der Klassik zurück<br />

zugunsten der nun „modernen“ Komponisten der Frühromantik<br />

und des Biedermeiers.<br />

Wie sind Sie auf Rosetti gestoßen?<br />

Das war Zufall. Mit Waldhorn als Nebenfach lernte ich in meinem<br />

Musikstudium schon früh Rosettis Hornkonzerte kennen. <strong>19</strong>92 zum 200.<br />

Todestag Rosettis erhielt ich dann eine Einladung der Schweri ner Philharmonie,<br />

Konzerte mit seinen Werken zu dirigieren.<br />

Und von da an begann ich, mich intensiv<br />

mit seiner Musik zu beschäftigen.<br />

Die Rosetti-Tage feiern in diesem Jahr ihre<br />

20. Saison. Was erwartet die Besucher?<br />

Unsere Konzerte finden durchweg in historischen<br />

Sälen und Kirchen statt. Die ausgewählten<br />

Besetzungen entsprechen denen, für die Rosetti<br />

komponierte. In unserer Jubiläumsausgabe<br />

widmen wir uns zum Beispiel intensiv Rosettis<br />

Streichquartetten. Das vielfach ausgezeichnete<br />

Goldmund-Quartett gastiert dazu auf Schloss<br />

Amerdingen. Auf Schloss Harburg spielt das Bläseroktett<br />

Vecchio Legno auf historischen Instrumenten<br />

Werke von Rosetti, Mozart und Beethoven.<br />

Zwischen den ausgewählten Werken<br />

Dialoge herzustellen, gehört ebenfalls zu unserem dramaturgischen<br />

Konzept. So führen wir eine Messe Rosettis zusammen mit geistlicher<br />

Musik Leopold Mozarts auf, dessen Geburtstag sich zum 300. Mal jährt.<br />

Im Abschlusskonzert auf Schloss Baldern, das von Deutschlandfunk<br />

Kultur mitgeschnitten wird, spielt Albrecht Mayer ein Oboenkonzert<br />

Rosettis, begleitet vom Bayerischen Kammerorchester Bad Brückenau<br />

unter meiner Leitung. Dazu kommen Sinfonien Rosettis und Haydns.<br />

Gibt es noch Werke von Rosetti zu entdecken?<br />

Das Kernrepertoire haben wir weitgehend erforscht, erschließen es<br />

aber fortlaufend durch Notenausgaben für den Praktiker, die beim<br />

Amadeus Verlag erscheinen. Bisher weniger Beachtung fanden Rosettis<br />

an die 80 Klavierlieder, die mit ihrem empfindsamen Text und Stil an<br />

Lieder Mozarts erinnern. Auch bei den Sinfonien gibt es noch das ein<br />

oder andere zu entdecken. Ich wünsche mir aber vor allem, dass größere<br />

Musikerkreise Rosettis Musik für sich entdecken und sie in ihre Programme<br />

aufnehmen.<br />

Ries, 20. Rosetti-Festtage im Ries, verschiedene Spielorte, www.rosetti.de<br />

FOTO: KERSTIN JUNKER<br />

51

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!