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CRESCENDO 4/19 Juni-August 2019

CRESCENDO – das Magazin für klassische Musik und Lebensart. Interviews unter anderem mit Gidon Kremer, Augustin Hadelich, Benjamin Schmid und Maurice Steger.

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L E B E N S A R T<br />

Die Paula-Bosch-Kolumne<br />

DIE NEUE TOSKANA-FRAKTION<br />

Icon-Weine sind sozusagen die Ferraris unter den feinen Tropfen. Kommt der gute<br />

Stoff aus besten Weinlagen der Toskana, spricht unsere Kolumnistin von „Supertuscans“.<br />

Sensationelle Kerle sind das, ja. Von Prahlerei aber keine Spur. Nur echt, ehrlich, edel.<br />

Der Zauber der unbeschreiblich schönen toskanischen<br />

Landschaft ist ungebrochen. Seit mehr als drei Jahrzehnten<br />

ist sie nicht nur für uns Deutsche ein bevorzugtes<br />

Reiseziel. Den Appetit wecken unzählige<br />

Reportagen der Hochglanzmagazine aus der Reisebranche.<br />

Da werden historische Städte – allen voran Florenz und<br />

Siena, wunderschöne Ortschaften –, die klimatischen Vorteile, die<br />

gute Küche und nicht zuletzt die zahlreichen Weine hochgelobt,<br />

beginnend mit Klassikern wie Chianti und Brunello. Kein Wunder<br />

also, wenn wir ganz nach dem<br />

Motto agieren: Warum denn in die<br />

Ferne schweifen, wenn das Gute<br />

liegt so nah?<br />

Mit den Weinen ist es ja ähnlich,<br />

auch wenn – über die Jahrzehnte<br />

betrachtet – immer wieder<br />

ein paar neue Namen dazugekommen<br />

sind. Das hält die Szene up to date, und dank der schleichenden<br />

„Entparkerisierung“ besinnt man sich zunehmend auf den eigenen<br />

Geschmack. „Supertuscans“, sogenannte Icon-Weine, verkaufen<br />

sich meist auch ohne die inflationäre Punktevergeberei.<br />

Seit Anfang des Jahres wurden mir mehrere Weine solcher<br />

Größen aus den Jahren 2015 und 2016 präsentiert. Diese erstklassigen<br />

Cuvées aus den roten Rebsorten à la Bordelais, Cabernet, Merlot,<br />

Petit Verdot haben mich richtig begeistert und auch davon überzeugt,<br />

dass in der Tat die Icon-Weine in der Toskana ihren eigenen<br />

Stil und Charakter gefunden haben. Das sind keine Nachahmungen<br />

mehr wie teilweise jene aus den ersten Jahrgängen, sondern Weine,<br />

die man sehr gerne trinken möchte.<br />

Nein, sie mutieren nicht zu Alltagsweinen, dafür sind sie auch<br />

zu hochpreisig; es sind Weine für die besonders schönen Momente<br />

im Leben, vielleicht für hier und heute. Wein-Kunstwerke, die einen<br />

Hauch Toskana in Flaschen präsentieren.<br />

SAFFREDI, IGT TOSCANA, FATTORIA LE PUPILLE,<br />

GROSSETO Auf insgesamt 80 Hektar Rebfläche produziert die<br />

ES SIND WEINE FÜR DIE BESONDERS<br />

SCHÖNEN MOMENTE IM LEBEN,<br />

VIELLEICHT FÜR HIER UND HEUTE<br />

große Dame des Morellino di Scansano, Elisabetta Geppetti, jenen<br />

Rotwein aus der Maremma, der jede Pasta mit Fleischsoße adelt.<br />

Seit <strong>19</strong>87 erzeugt die Donna del Vino zudem ihren Saffredi, der zu<br />

den ersten Icon-Weinen der Toskana gezählt wird. Auf fünf Hektar<br />

wurden <strong>19</strong>80 die Reben Cabernet Sauvignon, Merlot und Syrah<br />

gepflanzt. Je nach Jahrgang werden sie unterschiedlich cuvéetiert.<br />

Der edle Stoff aus 2016 ist dank 30-jähriger Produktion längst<br />

erwachsen. Er hat sich unter den großen Weinen etabliert und bietet<br />

höchsten Genuss, wenn man ihm einige Jahre zur Reife gönnt. Die<br />

intensiven Aromen des 2015 – rote,<br />

blaue und schwarze Waldbeeren,<br />

Cassis, Lavendelblüten, Sandelholz,<br />

Zigarrenkiste – überzeugen sofort.<br />

Die kernige, teils noch etwas spröde<br />

Struktur mit edlem Tanningerüst<br />

verbindet Kraft mit Eleganz und<br />

Finesse mit Harmonie. Im jugendlichen<br />

Geschmack präsentiert sich viel Potenzial und Länge.<br />

2015 ARGENTIERA, BOLGHERI SUPERIORE, TENUTA<br />

ARGENTIERA 100 Kilometer südwestlich von Florenz liegt die<br />

Tenuta Argentiera, am südlichsten Zipfel der namhaften DOC-<br />

Bolgheri. Auf 200 Meter Seehöhe genießen die Rebstöcke der Sorten<br />

Cabernet, Merlot und Syrah auf steinigen Tonböden den Meerblick<br />

zu den Inseln Giglio und Elba. Das noch sehr junge Unternehmen<br />

(erster Jahrgang 2003) hat mit Stanislaus Turnauer, seinem neuen<br />

Besitzer seit 2016, eine große Zukunft vor sich. Die ganze Mannschaft<br />

im 75 Hektar großen Weingut ist seit Beginn an Bord und präsentiert<br />

mit dem 2015 Argentiera DOC Bolgheri Superiore, was auf den steinreichen<br />

Kalk-, Lehm- und Sandböden möglich ist. Gewiss, sehr ähnlich<br />

einem großen Bordeaux, aber wer will nicht mit diesen Gewächsen<br />

in einem Atemzug genannt werden? Argentiera wirkt nicht ganz<br />

so kühl oder streng, zeigt warme, mediterrane Züge, sanfte Kräuternoten<br />

der Garrique, salzige Töne wie seine Nachbarn Ornellaia<br />

und Sassicaia. Noch moderat in der Preisgestaltung ist sein kleiner<br />

Bruder, Poggio ai Ginepri, der Tipp schlechthin für jede Party.<br />

FOTOS: JÖRG LEHMANN; PRIVAT<br />

76 w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>Juni</strong> – Juli – <strong>August</strong> 20<strong>19</strong>

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