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CRESCENDO 4/19 Juni-August 2019

CRESCENDO – das Magazin für klassische Musik und Lebensart. Interviews unter anderem mit Gidon Kremer, Augustin Hadelich, Benjamin Schmid und Maurice Steger.

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Interviews unter anderem mit Gidon Kremer, Augustin Hadelich, Benjamin Schmid und Maurice Steger.

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„FEIN GEZEICHNETE<br />

SEELENLANDSCHAFT“<br />

Die Tiroler Festspiele Erl vor der Kulisse des Wilden Kaisers zeigen im Sommer<br />

drei Opern und bekennen sich mit sieben Uraufführungen zur Musik der Gegenwart.<br />

VON RUTH RENÉE REIF<br />

SIGNUM saxophone quartet<br />

Mit einer Uraufführung eröffnen die Tiroler Festspiele Erl ihre<br />

Sommersaison. Daniel Schnyder, dessen Kompositionen sich an<br />

den Grenzlinien von Jazz sowie klassischer und improvisierter<br />

Musik bewegen, schreibt im Auftrag der Festspiele ein neues Werk.<br />

Das SIGNUM saxophone quartet bringt es zum Klingen, während<br />

das Orchester der Festspiele unter Tito Ceccherini Béla Bartóks<br />

heiteres Konzert für Orchester anstimmt.<br />

Mit beeindruckenden sieben Uraufführungen legen die Festspiele<br />

unter der künstlerischen Leitung von Andreas Leisner ein<br />

Bekenntnis „zur facettenreichen Musik der Gegenwart“ ab. Das<br />

Triptychon „Alm-Trieb“ folgt an drei Konzertabenden mit zeitgenössischer<br />

Musik von Florian Bramböck, Carl Tertio Druml, Andri<br />

Joel Harison, Bruno Maderna, Andreas Trenkwalder und anderen<br />

der Wanderung des Viehs durch das Jahr. Zugleich erzählt das von<br />

Valentin Lewisch konzipierte und geleitete Projekt mit seinen literarischen,<br />

philosophischen und religiösen Texten von jener Reise,<br />

auf der wir uns als Individuen, Liebende und als Gesellschaft befinden.<br />

Auch ein neues Musiktheaterstück gibt es zu sehen. Die Junge<br />

Oper Rhein-Main zeigt in der Regie von Max Koch und unter der<br />

musikalischen Leitung von David Holzinger die Kammeroper Caliban<br />

von Moritz Eggert. Der Librettist Peter te Nuyl greift auf Shakespeares<br />

Komödie Der Sturm zurück und erzählt sie neu aus der Sicht<br />

des „Monsters“ Caliban, Sohn der Hexe Sycorax und des Luftgeists<br />

Ariel. Eggert begreift Caliban als „den unterjochten und versklavten<br />

Ureinwohner einer Insel, der gegen seinen Willen ‚zivilisiert‘ wird“.<br />

Und während Caliban die Sprache der „Zivilisation“ erlerne, werde<br />

TIROLER FESTSPIELE ERL<br />

4. bis 28. Juli<br />

Informationen und Kartenservice:<br />

karten@tiroler-festspiele.at<br />

www.tiroler-festspiele.at<br />

auch musikalisch deutlich, dass es nicht lange<br />

dauern werde, bis er den Spieß umdrehe, „vom<br />

Unterdrückten zum Unterdrücker“.<br />

In „ein Bild der totalen Repression“ lässt<br />

Daniela Kerck ihre Neuinszenierung von Verdis<br />

Aida mit Maria Katzarava in der Titelrolle münden.<br />

Jenseits monumentaler Staatsaktionen spürt sie der „fein<br />

gezeichneten Seelenlandschaft“ der drei Liebenden Aida, Radames<br />

und Amneris nach, die von der Macht des Systems und dem gegenseitigen<br />

Verrat erdrückt werden. „Verdis Oper weist keinen Ausweg“,<br />

betont Kerck, „nur ein Schatten von Utopie lässt sich in pace wiederfinden“.<br />

Die Vergangenheit, die uns mahne, die Gegenwart, der wir<br />

ausgesetzt seien, und „der utopische, poetische und theatralische<br />

Moment“ markieren den Ausgangspunkt für Tina Laniks Inszenierung<br />

von Walter Braunfels lyrisch-fantastischer Oper Die Vögel.<br />

Aristophanes’ Komödie über den Ausflug zweier unzufriedener Menschen<br />

in das Reich der Vögel bildet die Vorlage. Doch kommt es bei<br />

Braunfels tatsächlich zu jenem sinnlosen Krieg zwischen den Vögeln<br />

und Zeus, der die Vogelfestung zerstört – Abbild jenes Krieges, aus<br />

dem Braunfels <strong>19</strong>18 verwundet heimkehrte. Lanik hebt diese Parabelhaftigkeit<br />

des Werks hervor und zeigt die menschliche Selbstüberschätzung.<br />

Am Pult von Orchester und Chorakademie der Festspiele<br />

steht Lothar Zagrosek. Die beiden Menschen Ratefreund und<br />

Hoffegut verkörpern Julian Orlishausen und Marlin Miller.<br />

Die Wiederaufnahme der Inszenierung des Regiekollektivs<br />

Furore di Montegral von Rossinis Guillaume Tell lässt noch einmal<br />

die Rossini-Kultur aufleben, an der in den vergangenen vier Festspieljahren<br />

mit viel Engagement gearbeitet wurde. Ein neues Kapitel<br />

in der Geschichte der Festspiele wird aufgeschlagen, wenn im September<br />

Bernd Loebe die Leitung übernimmt. In einer dreiteiligen<br />

Abschluss-Soiree mit Andreas Leisner, Ekhart Wycik und Beomseok<br />

Yi am Pult blicken die Festspielkünstler in diesem „einmaligen<br />

Übergangsjahr“ zurück auf die vergangenen<br />

mehr als 20 Jahre musikalischen Festspielgeschehens.<br />

Sie feiern die Gegenwart und schauen<br />

„C-Dur-selig gespannt“ in die Zukunft. Die Festwiese<br />

aus den Meistersingern beschließt den Erler<br />

Festspielsommer.<br />

■<br />

55<br />

FOTO: ANDREJ GRILC

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