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men. Gleichzeitig kann die täglich stärker<br />

werdende Sonneneinstrahlung die Landmassen<br />

in Süd- und Mitteleuropa stärker<br />

aufheizen. So stehen dem April sehr unterschiedliche<br />

Luftmassen zur Verfügung, welche<br />

je nach Anordnung der Hoch- und<br />

Tiefdruckgebiete zu uns gelenkt werden.“<br />

Alles verstanden?<br />

Und an anderer Stelle: „Im Frühjahr erwärmt<br />

sich die Luft über Südeuropa und<br />

Afrika aufgrund der unterschiedlichen Intensität<br />

der Sonnenstrahlung schneller als<br />

über Nordeuropa und dem Meer. Dadurch<br />

entsteht ein großes Temperaturgefälle zwischen<br />

Nord und Süd. Da der Unterschied<br />

anfangs sehr groß ist und die Lufttemperatur<br />

bestrebt ist, sich auszugleichen, kommt<br />

es an der Grenze, die sich im April gerade<br />

über Mitteleuropa befindet, zu einem ständigen<br />

Wetterwechsel. Die warme Luft aus<br />

dem Süden vermischt sich mit der kalten<br />

Luft aus dem Norden. Die kalte Luft enthält<br />

viel Feuchtigkeit, während die warme<br />

Luft aus dem Süden relativ trocken ist. Auf<br />

dem Festland wird die kalte Luft nun erwärmt<br />

und steigt dadurch auf. Dabei entstehen<br />

Wolken. In höheren Luftschichten<br />

befindet sich jedoch die warme Luft aus<br />

dem Süden, die daraufhin absinkt. Dabei<br />

erwärmt sie sich weiter und löst vorhandene<br />

Wolken wieder auf.“ Aha!<br />

Wenn aber der Winter immer wärmer<br />

wird (siehe oben), wenn die Polkappen<br />

schmelzen, könnten diese Erscheinungen<br />

bei uns seltener auftreten oder sich jahreszeitlich<br />

verschieben. Die alten Bauernregeln,<br />

so Dr. Michael Schirmer, können wir<br />

vergessen. Wir müssen uns auf andere Jahreszeiten<br />

einstellen.<br />

Wie erleben das unsere<br />

Oberneulander Landwirte?<br />

Ein heißer Tipp führt mich zu Familie<br />

Sinning nicht weit vom Hodenberger<br />

Deich. Schon bin ich willkommen. Der<br />

große Tisch ist gedeckt, Kaffee und Butterkuchen<br />

stehen bereit. Hier leben drei Generationen auf dem Hof.<br />

Heinrich, der in diesem Jahr 93 Jahre alt wird, Sohn Jürgen und Schwiegertochter Lore,<br />

Enkel Lüder und Rita. Urenkel gibt es auch schon.<br />

Heinrichs Frau Elisabeth – und das ist der heiße Tipp – war vor vielen, vielen Jahren fast<br />

in der ganzen Stadt bekannt. Sie war eine von den Dreien, die jeden Freitag bei buten<br />

un binnen in Platt den Wetterbericht verkündeten. „Ja“, bestätigt Heinrich, „die kamen<br />

mit den Kameras und der ganzen Mannschaft hier raus.“ Jedes Mal hat sie sich extra<br />

dafür umgezogen, und sie hatte nie das Gleiche an.<br />

Es wurde auch immer an einer anderen Stelle rund um den Hof gedreht. „Leider ist sie<br />

früh verstorben“, bedauert Heinrich, „aber sie hat etwas hinterlassen”. Lore geht und<br />

holt Elisabeths Tagebücher. Oktavhefte hießen die damals, Format DIN A 6. Elisabeth<br />

hatte seit 1981 ein Haushaltsheft geführt.<br />

Anfangs mit den täglichen Ausgaben, nach Monaten geordnet. Bald kamen Eintragungen<br />

über all das hinzu, was auf dem Hof und in der Nachbarschaft geschah: „Birnbaum<br />

in voller Blüte“, „3 Kälber verkauft 400, 400, 370 DM“, „Bei Haltermann kl. Junge angekommen“<br />

Geradezu akribisch trug Elisabeth ihre Wetterbeobachtungen ein. Hier<br />

aus dem April 1988:<br />

1.4. trocken, 2.4. Nachtfrost, ruhiges, trockenes zum Teil sonniges Osterwetter<br />

aber kühl. Hochwasser ist fast weg und das Gras wächst… am<br />

6.4. + 7.4. Frühlingswetter, dann wieder kalt u. am 9.4. Schneeschauer u.<br />

Nachtfrost, ab 12.4. Frühlingswetter, Hafer und Gerste gesät – so geht es<br />

den ganzen Monat weiter. Allein 14 solcher Tagebücher legt Lore auf den<br />

Tisch. Eine Fundgrube ohnegleichen.<br />

Lore und Heinrich empfinden nicht so große Unterschiede<br />

im Aprilwetter von früher und heute. Die<br />

Sommer werden zu heiß, ja. Und die Wintermonate<br />

sind deutlich zu warm. Jedoch die Übergangszeiten<br />

Frühling und Herbst haben sich nicht so sehr verändert.<br />

Lüder kommt inzwischen hinzu. Er sieht das schon<br />

anders. Für ihn ist das Frühjahr seit etlicher Zeit zu<br />

warm. Und schaut mal: Die Störche sind schon da<br />

(das war am 2. März), die kommen sonst nicht vor dem 11. April.<br />

Der April<br />

2001 in<br />

ihrem<br />

Tagebuch<br />

Lore und<br />

Heinrich Sinning<br />

Lüder<br />

Sinning<br />

OBERNEULAND 69

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