OM_04_2020_ePaper
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Fenster? Na ja, das ist nicht im Raum. Also gibt es hier nur<br />
Gleise und Züge zu sehen.<br />
Waren es seinerzeit vier Bildschirme, auf denen der Fahrdienstleiter<br />
darauf achten musste, dass sich bei geschlossenen<br />
Schranken niemand im Gleisbereich befindet, so ist es heute<br />
nur einer. Die ehemals niveaugleichen Bahnübergänge Rockwinkeler<br />
Landstraße, Mühlenfeldstraße und Auf der Heide sind<br />
mittlerweile untertunnelt. Nur noch der Übergang Achterstraße<br />
in Horn ist videoüberwacht. Der hat die vermutlich<br />
längsten Schrankenbäume Deutschlands, weil die Achterstraße<br />
quer über die Bahntrasse verläuft. Sie sind windanfällig und<br />
müssen bei Sturm besonders aufmerksam beobachtet werden.<br />
In absehbarer Zeit will man das jedoch ändern, denn ein Tunnel<br />
ist hier nicht vorgesehen. Sieht der Fahrdienstleiter, dass<br />
sich dort eine Person zwischen den geschlossenen Schranken<br />
befindet, wird er sie mithilfe seines Mikrofons warnen und auffordern,<br />
den Gleisbereich durch eines der beiden Fluchttore zu<br />
verlassen. Der Lautsprecher an diesem Bahnübergang hat<br />
schon so manchen erschreckt.<br />
Hier in Oberneuland wird der gesamte Zugverkehr von<br />
Hamburg nach Bremen zwischen Rotenburg und dem Hauptbahnhof<br />
überwacht. Dazu dient ein Monitor, auf dem alle<br />
Streckenabschnitte farbig grafisch dargestellt sind. Jeder Zug,<br />
der unterwegs ist, bekommt eine Nummer, und diese Zugnummer<br />
bewegt sich auf dem Monitor weiter. Ist er jetzt in Sottrum,<br />
in Ottersberg, in Sagehorn oder wird er gleich in Oberneuland<br />
sein? Jost Rosenboom weiß auch, ob es sich um einen<br />
Güterzug, einen ICE oder einen Regionalexpress handelt. Ein<br />
Zugnummerndrucker springt immer an, wenn die Bahn eine<br />
Stelle passiert, wenn sie in die Station ein- oder ausfährt. So<br />
wird jeder Zug protokolliert. Die Zugnummern werden täglich<br />
neu vergeben. Sie sind nicht identisch mit den Zugnummern in<br />
den Fahrplänen. Ich möchte nun ein paar Aufnahmen von den<br />
Zügen machen. „In drei Minuten kommt einer aus Richtung<br />
Hauptbahnhof“, sagt der Fahrdienstleiter. Danach einer aus<br />
Richtung Sagehorn. Ich habe genügend Zeit, das Fenster zu<br />
öffnen und die Kamera auszurichten. Der eine oder andere<br />
metronom hält unten an der Station, andere sausen mit<br />
160 km/h vorbei. Den größten Platz nimmt der Stelltisch, das<br />
Drucktastenstellwerk, ein. Rote und gelbe Lämpchen zeigen die<br />
Strecken, Signale und die Stellung der Weichen an. Hier haben<br />
Jost Rosenboom und seine Kollegen den ganzen Bereich zwischen<br />
Sagehorn und dem Hauptbahnhof vor sich. Sie können<br />
bei Bedarf Signale und Weichen umstellen. Ein Teil der<br />
Strecke in Oberneuland ist dreigleisig. Jeder von ihnen kann<br />
akustischen Kontakt zu den Lokführern herstellen.<br />
Neben Jost Rosenboom ist Robert Cokara beschäftigt. Er<br />
wohnt in Hannover und macht hier eine Umschulung als<br />
Quereinsteiger, eine Praxisphase von 100 Tagen. Die Deutsche<br />
Bahn sucht Auszubildende für viele Bereiche.<br />
Ein alter Schreibtisch steht noch im Raum, an den Wänden<br />
hängen Fotos aus früheren Zeiten. Christian Wagner hat so<br />
ziemlich alles aus seiner aktiven Zeit als Fahrdienstleiter in<br />
Oberneuland gesammelt. Er hat ein Album mit zahlreichen<br />
Fotos und Zeitungsausschnitten mitgebracht, zum Beispiel aus<br />
den Jahren, als es immer wieder hieß: Kriegen wir die Tunnel<br />
oder kriegen wir sie nicht? Selbstredend ist der schon erwähnte<br />
Beitrag aus dem OBERNEULAND MAGAZIN 6/1999 ebenfalls dabei.<br />
Text und Fotos: Eberhard Matzke<br />
OBERNEULAND 83