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HEINRICH-SCHMIDT-BARRIEN-PREIS FÜR YARED DIBABA<br />
BOTSCHAFTER DER<br />
PLATTDEUTSCHEN SPRACHE<br />
Die kleine alte Sankt-Georgs-Kirche draußen im „Land der Gräser“ zwischen Lilienthal und Ritterhude war<br />
is zum letzten Platz besetzt. Zum 20. Mal wurde vom Freundeskreis „Dat Huus op'n Bulten“<br />
der Heinrich-Schmidt-Barrien-Preis für Verdienste um die niederdeutsche Sprache verliehen.<br />
Kein Ort ist besser dafür geeignet, liegt doch das Grab des<br />
Namensgebers direkt nebenan.<br />
Die schlichte Holzbüste des 1996 gestorbenen plattdeutschen<br />
Schriftstellers trägt bekannte und weniger bekannte<br />
Namen von Menschen und Gruppen, die das Plattdeutsche<br />
lebendig sein lassen.<br />
In diesem Jahr nun wurde Yared Dibaba als Botschafter der<br />
plattdeutschen Sprache zum Preisträger ausgewählt. Für<br />
jemanden, der ihn vom Fernsehen her kennt, als Moderator, als<br />
Schauspieler, Musiker, Rundfunk- und Hörbuchsprecher, eine<br />
gute Wahl. Denn Yared Dibaba lässt keine Gelegenheit aus, sich<br />
auf Platt zu unterhalten. Als Vierjähriger kam er mit seiner<br />
Familie nach Norddeutschland – sein Vater bekam<br />
einen Studienplatz an der Universität<br />
Osnabrück. Drei Jahre später,<br />
wieder in Äthiopien, besuchte er<br />
dort eine deutsche Schule. Und<br />
1979 flüchtete die Familie vor dem<br />
Bürgerkrieg wieder nach Deutschland.<br />
In Ganderkesee, im Ortsteil<br />
Falkenburg, fanden sie eine neue<br />
Anna Brodersen, Jurymitglied Jutta-Irene<br />
Dehlwes-Grotefend, Yared Dibaba und<br />
Johannes Rehder-Plümpe.<br />
Heimat. An der Schule lernte der Zehnjährige, Platt zu sprechen,<br />
und zwar gründlich. Es folgten das Abitur in Delmenhorst,<br />
die Ausbildung in einem Kaffee-Importunternehmen in<br />
Bremen und die Schauspielschule ebenda, schließlich das<br />
Musikstudium in Hamburg. Dort kam er zu Rundfunk und<br />
Fernsehen. Er schrieb drei Bücher auf Platt und schuf unter<br />
anderem ein plattdeutsches Bibel-Hörbuch als Doppel-CD.<br />
Bremen und sein Umland ist für Yared also kein unbekanntes<br />
Terrain. Nun war er hier. „Ik freu mi wahnsinnig“, vertraute<br />
er Reinhard Goltz an. Und ja, er sei „heel upreegt“, habe eiskalte<br />
Hände. Doch dann kam alles ganz fröhlich daher. Denn Knipp<br />
Gumbo (alias Lars Köster) sorgte mit Rock'n Roll und ein<br />
bisschen Gospel – natürlich auf Platt<br />
– mit Gitarre und Mundharmonika<br />
für gute Laune. Walter Henschen als<br />
Moderator nahm Yared Dibaba an<br />
die Hand und führte ihn durch die<br />
Reihen der Besucher. Aus Ganderkesee<br />
waren sie gekommen, mitten<br />
darunter Wiltrud Schauer, seine<br />
ehemalige Lehrerin, frühere Kollegen<br />
der Kaffeefirma aus Bremen<br />
und schließlich seine Mutter. Das<br />
gab ein herzliches Wiedersehen<br />
und lockerte die Stimmung auf.<br />
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