GASTRO das Fachmagazin 1-2/24
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50 PORTRAIT<br />
1-2/20<strong>24</strong><br />
te mir, für Europa ist auch später noch<br />
Zeit. Das Angebot von Blue Hill at Stone<br />
Barns, mein Visum auf ein Jahr zu verlängern,<br />
nahm ich natürlich dankend an.<br />
Sie haben auch auf Weingütern, z.B. in<br />
Südafrika, mitgearbeitet. Wie wichtig<br />
ist dieser Baustein für den Erfolg?<br />
Meiner Meinung nach sehr wichtig. Ich<br />
war mir nie zu schade, anzupacken. Ich<br />
liebe es, im Gegensatz zu der Arbeit im<br />
Gastraum mir auch manchmal die Hände,<br />
<strong>das</strong> Gewand und die Haare so richtig dreckig<br />
zu machen. Ich liebe es mit der Natur<br />
zu arbeiten. Für mein Verständnis von<br />
Wein hat diese Erfahrung natürlich auch<br />
viel beigetragen. So kann ich jetzt auch<br />
dem Gast Wein besser erklären. Ich bin ein<br />
visueller Typ beim Lernen. Was ich noch<br />
nie selbst in der Hand gehabt habe oder<br />
gesehen habe, merke ich mir sehr schwer.<br />
Österreichische Jungwinzer mit Natural Weinen haben es Helena Jordan besonders<br />
angetan.<br />
Foto: Maria Auinger<br />
Welche (persönlichen) Eigenschaften<br />
sind für eine Sommelière aus Ihrer<br />
Sicht am wichtigsten und welche<br />
in der Ausbildung?<br />
Als Gast kenne ich die Weine und die<br />
Küche des Restaurants vielleicht nicht.<br />
Ich möchte von meiner Sommelière verstanden<br />
werden, an der Hand genommen<br />
UND ernst genommen werden und<br />
nicht für blöd verkauft werden. Dazu gehört<br />
auch, nicht mit hochprofessionellen<br />
Wörtern herumzuwerfen, AUSSER<br />
der Gast ist auf dem Niveau. Und natürlich<br />
gut betreut werden - richtiges Glas,<br />
richtige Temperatur, richtiges Tempo.<br />
Die Sommelière hat nicht nur den<br />
Wein, sondern auch den Gast zu verstehen.<br />
Das ist mir in meiner jetzigen Situation<br />
im Mostviertel am wichtigsten. Meine<br />
Gäste waren anfangs skeptisch, was Natural<br />
Weine und auch die klassisch ausgebauten<br />
Weine, von Winzern deren Namen<br />
man nicht kennt, anbelangt. Keiner<br />
hat geglaubt, <strong>das</strong>s ich mich mit Wein auskenne<br />
und keiner wollte diese neuartigen,<br />
modernen Weine kosten. Ich habe mir<br />
ihr Vertrauen erarbeitet und jetzt kann<br />
ich sie auch manchmal überraschen. Die<br />
große Kunst der Sommelière, auf die ich<br />
mich auch gerne als Gast einlasse, ist die<br />
Speise-Weinkombination. Wie schon erwähnt:<br />
Ich habe die Speisen noch nie gegessen,<br />
aber der Sommelier schon. Gib mir<br />
eine Kombi, die sowohl <strong>das</strong> Essen als auch<br />
den Wein in andere Sphären katapultiert.<br />
Da man als Sommelière ein grundlegendes<br />
Verständnis von Geschmäckern<br />
braucht, hilft es, wenn man gerne kocht<br />
und viel kostet. Fett, Säure, Süße - was<br />
macht <strong>das</strong> Ganze mit dem Gaumen? Nur<br />
so kann man lernen, welcher Wein eine<br />
gute Kombination wäre.<br />
Foto: Sophie Kirchner<br />
Seit Sommer letzten Jahres betreiben<br />
Sie ein eigenes Lokal, <strong>das</strong> Cafe Capra.<br />
Tagsüber ein Cafe und abends eine<br />
Weinbar. Welche Weine finden sich da<br />
in Ihrer Weinbar vorrangig, nach welchen<br />
Kriterien erfolgt die Auswahl der<br />
Weingüter?<br />
Meine Weinkarte ist zu 85% Österreich<br />
und 15% Italien. Nur kleine Mengen an<br />
Franzosen sind vertreten. Die österreichischen<br />
Winzer kenne ich ausnahmslos<br />
alle persönlich. Viele Einkäufe erfolgen<br />
daher direkt, wie z.B. bei Vitikultur<br />
Moser – ehemals Sepp Moser – ein toller<br />
Generationenbetrieb, wo die Klassiker<br />
allesamt hervorragend und die Natural<br />
Weine saubere, tolle „Einstiegs“-Natural<br />
Weine zu tollen Preisen sind. Es gibt<br />
dabei aber einen relativ häufigen Wechsel,<br />
weil ich einfach zu viele Weine und<br />
Weingüter spannend finde. Ich bin jedoch<br />
durch Liquidität und Lagermöglichkeiten<br />
etwas limitiert. Daher werden<br />
Weine, die ausgehen nicht nachgekauft,<br />
sondern durch neue ersetzt.<br />
Ist es eigentlich schwierig, neben der<br />
doch fast künstlerischen Aufgabe einer<br />
Sommelière, sich nun auch um <strong>das</strong><br />
Kaufmännische zu kümmern?<br />
Foto: Christoph Heiss