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2016-02

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Unterhaltung<br />

Die unverstandenen Nachrichten<br />

Foto:Ulla D'Amico<br />

Die Zeiten, dass meine Hände zitterten, wenn ich<br />

zum Handy griff, sind Gott sei Dank vorbei. Ich habe<br />

nämlich in einem Volkshochschul-Kurs Nachhilfe<br />

genommen. Seitdem sage ich DU zu diesem Gerät<br />

und seinen Tasten. Ja, heute danke ich seinem Erfinder und<br />

genieße es, Jedermann an fast jedem Ort jederzeit erreichen<br />

zu können. Man kann ja sogar, unter Beachtung der<br />

Nebengeräusche, schnell herausfinden, wo die Kinder sich<br />

gerade befinden.<br />

Einmal hatte ich unsere Jüngste aus einem, wie ich<br />

glaubte, unseriösen Film, herausgeholt. Kurz nach diesem<br />

Zwischenfall bemerkte ich, dass mein Handy, übrigens<br />

nicht mehr so das allerneueste Modell, irgendwie nicht richtig<br />

funktionierte. Ich brachte es zum Überprüfen weg und<br />

bat meine Tochter Karo, mir doch ihres für zwei Tage zu leihen.<br />

Die Ausleihgebühr, in Form eines Eisgutscheines, die<br />

ich im Voraus zahlte, hatte ihre sofortige Einwilligung zur<br />

Folge. Was sie allerdings nicht bedacht hatte, war, dass ich<br />

ja nun Gelegenheit hatte, all ihre eingehenden Nachrichten<br />

zu lesen. Also, nicht das ich überaus neugierig war…doch<br />

als während des Kaffeetrinkens bei Frau Stock, mehrfach<br />

ein unüberhörbarer Brummton den Eingang einer Nachricht<br />

signalisierte, griff ich schließlich zum Leihhandy um<br />

nachzuschauen, ob da vielleicht eine wichtige Mitteilung<br />

für Karo angekommen war.<br />

Es gab tatsächlich einige Nachrichten, doch die schienen<br />

aus einer anderen Sprachregion zu sein. Da stand zum Beispiel:<br />

„Hi Karo, lass meine Bierdeckel rüberwachsen, Basti.“<br />

Oder „Hi Karo, Date mit deinem Lover war voll krass,<br />

wurde zugeföhnt bis zum Switschen. Ciao Tini.“ Aber das<br />

war noch nicht alles. Im Speicher der Ausgangspost war<br />

alles noch rätselhafter. Karo an Evi: „WWS? Love“ und<br />

Evi an Karo: „NOK! Sorry” Was war das für eine Kommunikation?<br />

Was soll das alles heißen und mit was für Leuten<br />

hat meine Tochter bloß Umgang? Ich wollte sofort Klarheit<br />

und ging mit Frau Stock zur Volkshochschule, um die Profis<br />

aus dem „Internet-Cafe“ zu fragen. Zum Glück trafen wir<br />

da Simon, den mir bekannten Finanzbeamten im Ruhestand<br />

und seine Lebensabschnittsgefährtin Silke. Zu viert starteten<br />

wir ein quizähnliches Spiel, zur Entschlüsselung der<br />

Geheimbotschaften. „Bierdeckel, ist absoluter Klartext“,<br />

sagte Simon. „Wahrscheinlich sammelt deine Tochter diese<br />

Dinger. Das ist doch ganz harmlos!“ Ich protestierte<br />

energisch: „Die trinkt kein Bier und sammelt auch keine<br />

Deckel!“ „Ne, ne“, meinte Silke, „da steht doch, dass einer<br />

beim Friseur zugeföhnt wurde.“ Ungläubig schüttelte ich<br />

den Kopf: „Karo geht nie zum Friseur!“ Aber Silke überlegte<br />

weiter: „Was heißt denn eigentlich switschen? Vielleicht<br />

soll das zwitschern heißen. Das sagt man doch in der Ganovensprache.<br />

Also gemeint ist, jemanden verpfeifen.“ Nun<br />

wurde ich aber laut: „Jemanden verpfeifen und föhnen, das<br />

hört sich für mich wie Folter an!“ Frau Stock wollte mich<br />

beruhigen und sagte: „Das ist bestimmt ein Tippfehler und<br />

soll schwitzen heißen. Wäre doch passend wenn man unter<br />

einem Föhn sitzt.“ Aber ich ließ mich nicht so schnell von<br />

irgendetwas überzeugen und fragte weiter: „Was sagt euch<br />

denn die Abkürzung : WWS?“ Silke meinte es sofort zu<br />

wissen. „Das ist noch ein Tippfehler! Alle Internetadres-<br />

52 durchblick 2/<strong>2016</strong>

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