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Essay<br />
Der alte Mensch und die Klinik<br />
Neues Krankenhausstrukturgesetz macht Angst<br />
Im November 2015 hat der deutsche Bundestag mit der<br />
Regierungsmehrheit ein neues Krankenhausgesetz verabschiedet,<br />
welches im Januar <strong>2016</strong> in Kraft getreten ist.<br />
Dieses Gesetz benachteiligt die Strukturen im Gesundheitswesen<br />
vor allem deutlich zu ungunsten der älteren Generation<br />
und führt zu großen Beunruhigungen in diesem Personenkreis.<br />
Der zuständige Minister Gröhe glaubt, das Gesetz<br />
werde die Qualität der medizinischen Leistungen verbessern<br />
und eine ortsnahe wissenschaftlich fundierte Behandlung<br />
gewährleisten. Sein Leitgedanke ist wie folgt: Das Krankenhaus<br />
der Zukunft soll qualitativ hochwertig, sicher und<br />
gut erreichbar sein. Die Menschen der älteren Generation,<br />
welche von der Neuregelung besonders betroffen sind sowie<br />
die Organisationen, die die Interessen dieser Menschen vertreten,<br />
sehen der Zukunft mit viel Skepsis entgegen.<br />
Auch der Seniorenbeirat der Universitätsstadt Siegen hat<br />
sich eingehend mit der neuen Krankenhausproblematik auseinandergesetzt<br />
und vor diesem Hintergrund mit den Verwaltungsdirektoren<br />
der drei großen hiesigen Krankenhäuser<br />
sowie mit den beiden Bundestagsabgeordneten aus der Region<br />
diskutiert. Hier wies der Seniorenbeirat besonders auf<br />
die Probleme und Sorgen dieser Menschen hin. Die Ergebnisse<br />
der Besprechungen waren unterschiedlich. Die Krankenhausdirektoren<br />
wie auch Vertreter des Seniorenbeirates<br />
waren skeptisch und sahen die weitere Entwicklung sehr<br />
kritisch, die Bundestagsabgeordneten konnten nicht alle unsere<br />
Einwände und Argumente teilen, haben aber doch einige<br />
unserer Kritikpunkte (z.B. Pflege, Qualität der Arbeit) in ihre<br />
weiteren parteipolitischen Besprechungen mitgenommen.<br />
Wenn das Gesetz so kommt, wie es sich aus dem Entwurf<br />
abzeichnet, sind negative Auswirkungen auf die Patientenversorgung<br />
unvermeidbar. Dies sind ganz konkret: Längere<br />
Wartezeiten bis zur Behandlung, dann noch stärker belastete<br />
Mitarbeiter (ärztliche und pflegerische) und auch weniger<br />
Zeit für die Patienten. Auch die Wege zum nächsten Krankenhaus<br />
könnten für manche Bürgerinnen und Bürger besonders<br />
aus den ländlichen Regionen zum Problem werden.<br />
Einige ungelöste Probleme, die den Siegener Seniorenbeirat<br />
in diesem Zusammenhang bewegen, sind folgende:<br />
► Diagnosis Related Groups (DRG) und die Folgen<br />
► Die Pflege<br />
► Entlassungsmanagement<br />
► Ärztliche Notdienste<br />
► Qualität der ärztlichen Leistung und Qualitätsberichte<br />
► Situation in der heimischen Region<br />
Diagnosis Related Groups (DRG)<br />
Fallkostenpauschale<br />
Kliniken und Spitäler werden seit einigen Jahren nicht<br />
mehr auf der Basis von Tagespauschalen oder Einzelleistungen<br />
vergütet, sondern auf der Grundlage von Fallpauschalen.<br />
Das heißt: jeder Patient wird entsprechend seiner<br />
Hauptdiagnose, seinen Nebendiagnosen, den angewendeten<br />
Prozeduren (wie z.B. Maßnahmen oder Eingriffe), seinem<br />
Alter, seinem Geschlecht und Schweregrad der Erkrankung<br />
einer Fallgruppe zugewiesen, für welche ein bestimmter<br />
Preis definiert ist. Das bedeutet, es werden nicht kranke<br />
Menschen mit bestimmten Ansprüchen und Erwartungen<br />
behandelt, sondern Krankheiten. Die Diagnose bestimmt<br />
die Aufenthaltsdauer. Das System kommt über die USA aus<br />
Australien und orientiert sich an eindimensional jungen Erkrankten,<br />
bei denen der medizinische Bedarf durchaus vergleichbar<br />
ist. Schwierig wird die Situation, wenn z.B. ein<br />
hoch betagter, demenzkranker, polymorbider Patient wegen<br />
Hüftschmerzen, Immobilität und erhöhtem Pflegebedarf<br />
eingewiesen wird und im Verlauf der Behandlung vielleicht<br />
Helios-Klinik Bad Berleburg<br />
Fotos:Anne Eickhoff<br />
Bernhard-Weiß-Krankenhaus Kredenbach<br />
60 durchblick 2/<strong>2016</strong>