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Bildende Kunst und Literatur

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<strong>Bildende</strong> <strong>Kunst</strong> <strong>und</strong> <strong>Literatur</strong><br />

Wenn die Periode der infantilen Sexualforschung durch einen Schub<br />

energischer Sexualverdrängung abgeschlossen worden ist, leiten sich für<br />

das weitere Schicksal des Forschertriebes drei verschiedene Möglichkeiten<br />

aus seiner frühzeitlichen Verknüpfung mit sexuellen Interessen ab. Ent-<br />

weder die Forschung teilt das Schicksal der Sexualität, die Wißbegierde<br />

bleibt von da an gehemmt <strong>und</strong> die freie Betätigung der Intelligenz viel-<br />

leicht für Lebenszeit eingeschränkt, besonders da kurze Zeit nachher<br />

durch die Erziehung die mächtige religiöse Denkhemmung zur Geltung<br />

gebracht wird. Dies ist der Typus der neurotischen Hemmung. Wir ver-<br />

stehen sehr wohl, daß die so erworbene Denkschwäche dem Ausbruch<br />

einer neurotischen Erkrankung wirksamen Vorschub leistet. In einem<br />

zweiten Typus ist die intellektuelle Entwicklung kräftig genug, um der<br />

an ihr zerrenden Sexualverdrängung zu widerstehen. Einige Zeit nach<br />

dem Untergang der infantilen Sexualforschung, wenn die Intelligenz<br />

erstarkt ist, bietet sie eingedenk der alten Verbindung ihre Hilfe zur<br />

Umgehung der Sexualverdrängung, <strong>und</strong> die unterdrückte Sexualfor-<br />

schung kehrt als Grübelzwang aus dem Unbewußten zurück, allerdings<br />

entstellt <strong>und</strong> unfrei, aber mächtig genug, um das Denken selbst zu sexua-<br />

lisieren <strong>und</strong> die intellektuellen Operationen mit der Lust <strong>und</strong> der Angst<br />

der eigentlichen Sexualvorgänge zu betonen. Das Forschen wird hier<br />

zur Sexualbetätigung, oft zur ausschließlichen, das Gefühl der Erledi-<br />

gung in Gedanken, der Klärung, wird an die Stelle der sexuellen Be-<br />

friedigung gesetzt; aber der unabschließbare Charakter der Kinder-<br />

forschung wiederholt sich auch darin, daß dies Grübeln nie ein Ende<br />

findet <strong>und</strong> daß das gesuchte intellektuelle Gefühl der Lösung immer<br />

weiter in die Ferne rückt.<br />

Der dritte, seltenste <strong>und</strong> vollkommenste, Typus entgeht kraft beson-<br />

derer Anlage der Denkhemmung wie dem neurotischen Denkzwang.<br />

Die Sexualverdrängung tritt zwar auch hier ein, aber es gelingt ihr nicht,<br />

einen Partialtrieb der Sexuallust ins Unbewußte zu weisen, sondern die<br />

Libido entzieht sich dem Schicksal der Verdrängung, indem sie sich von<br />

Anfang an in Wißbegierde sublimiert <strong>und</strong> sich zu dem kräftigen For-<br />

schertrieb als Verstärkung schlägt. Auch hier wird das Forschen gewisser-<br />

maßen zum Zwang <strong>und</strong> zum Ersatz der Sexualbetätigung, aber infolge<br />

achtungen. [Vor 1924 lautete diese Zeile: »<strong>und</strong> die ähnliche Beobachtung im II. Band«<br />

(des Jahrbuchs für psychoanalytische <strong>und</strong> psychopathologische Forschungen) – ein Hin-<br />

weis auf Jung (1910).] In einem Aufsatze über die ›Infantilen Sexualtheorien‹ (1908 c)<br />

schrieb ich: »Dieses Grübeln <strong>und</strong> Zweifeln wird aber vorbildlich für alle spätere Denk-<br />

arbeit an Problemen, <strong>und</strong> der erste Mißerfolg wirkt für alle Zeiten lähmend fort.«<br />

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