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Bildende Kunst und Literatur

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Eine Kindheitserinnerung des Leonardo da Vinci<br />

schmückt, wie es ihm gefällt. Und seine Behausung, die ist voll heiterer<br />

Malereien <strong>und</strong> glänzend reinlich. Oft hat er Gesellschaft, von Musik,<br />

oder von Vorlesern verschiedener schöner Werke, <strong>und</strong> das wird ohne<br />

Hammergedröhn oder sonstigen Lärm mit großem Vergnügen ange-<br />

hört.«<br />

Es ist ja sehr wohl möglich, daß die Vorstellung eines strahlend heiteren<br />

<strong>und</strong> genußfrohen Leonardo nur für die erste, längere Lebensperiode des<br />

Meisters recht hat. Von da an, als der Niedergang der Herrschaft des<br />

Lodovico Moro ihn zwang, Mailand, seinen Wirkungskreis <strong>und</strong> seine<br />

gesicherte Stellung zu verlassen, um ein unstetes, an äußeren Erfolgen<br />

wenig reiches Leben bis zum letzten Asyl in Frankreich zu führen, mag<br />

der Glanz seiner Stimmung verblichen <strong>und</strong> mancher befremdliche Zug<br />

seines Wesens stärker hervorgetreten sein. Auch die mit den Jahren zu-<br />

nehmende Wendung seiner Interessen von seiner <strong>Kunst</strong> zur Wissen-<br />

schaft mußte dazu beitragen, die Kluft zwischen seiner Person <strong>und</strong><br />

seinen Zeitgenossen zu erweitern. Alle die Versuche, mit denen er nach<br />

ihrer Meinung seine Zeit vertrödelte, anstatt emsig auf Bestellung zu<br />

malen <strong>und</strong> sich zu bereichern, wie etwa sein ehemaliger Mitschüler Peru-<br />

gino, erschienen ihnen als grillenhafte Spielereien oder brachten ihn<br />

selbst in den Verdacht, der »schwarzen <strong>Kunst</strong>« zu dienen. Wir verstehen<br />

ihn hierin besser, die wir aus seinen Aufzeichnungen wissen, welche<br />

Künste er übte. In einer Zeit, welche die Autorität der Kirche mit der der<br />

Antike zu vertauschen begann <strong>und</strong> voraussetzungslose Forschung noch<br />

nicht kannte, war er, der Vorläufer, ja ein nicht unwürdiger Mitbewer-<br />

ber von Bacon <strong>und</strong> Kopernikus, notwendig vereinsamt. Wenn er Pferde-<br />

<strong>und</strong> Menschenleichen zerlegte, Flugapparate baute, die Ernährung der<br />

Pflanzen <strong>und</strong> ihr Verhalten gegen Gifte studierte, rückte er allerdings<br />

weit ab von den Kommentatoren des Aristoteles <strong>und</strong> kam in die Nähe<br />

der verachteten Alchymisten, in deren Laboratorien die experimentelle<br />

Forschung wenigstens eine Zuflucht während dieser ungünstigen Zeiten<br />

gef<strong>und</strong>en hatte.<br />

Für seine Malerei hatte dies die Folge, daß er ungern den Pinsel zur<br />

Hand nahm, immer weniger <strong>und</strong> seltener malte, das Angefangene meist<br />

unfertig stehenließ <strong>und</strong> sich um das weitere Schicksal seiner Werke<br />

wenig kümmerte. Das war es auch, was ihm seine Zeitgenossen zum Vor-<br />

wurf machten, denen sein Verhältnis zur <strong>Kunst</strong> ein Rätsel blieb.<br />

Mehrere der späteren Bew<strong>und</strong>erer Leonardos haben es versucht, den<br />

Makel der Unstetigkeit von seinem Charakter zu tilgen. Sie machen gel-<br />

tend, daß das, was man an Leonardo tadle, Eigentümlichkeit der großen<br />

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