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Bildende Kunst und Literatur

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Der Wahn <strong>und</strong> die Träume in W. Jensens ›Gradiva‹<br />

b<strong>und</strong>en ist. (Übermächte. Zwei Novellen von Wilhelm Jensen, Berlin,<br />

Emil Felber 1892.) Es ist leicht zu ersehen, daß alle drei Erzählungen das<br />

gleiche Thema behandeln, die Entwicklung einer Liebe (im ›Roten<br />

Schirm‹ einer Liebeshemmung) aus der Nachwirkung einer intimen, ge-<br />

schwisterähnlichen Gemeinschaft der Kinderjahre.<br />

Einem Referat von Eva Gräfin Baudissin (in der Wiener Tageszeitung<br />

›Die Zeit‹ vom 11. Februar 1912) entnehme ich noch, daß Jensens letzter<br />

Roman (Fremdlinge unter den Menschen 1 ), der viel aus des Dichters<br />

eigener Jugend enthält, das Schicksal eines Mannes schildert, der »in der<br />

Geliebten eine Schwester erkennt«.<br />

Von dem Hauptmotiv der Gradiva, dem eigentümlich schönen Gang mit<br />

steilgestelltem Fuß, findet sich in den beiden früheren Novellen keine<br />

Spur.<br />

Das von Jensen für römisch ausgegebene Relief des so schreitenden Mäd-<br />

chens, das er »Gradiva« benennen läßt, gehört in Wirklichkeit der Blüte<br />

der griechischen <strong>Kunst</strong> an. Es findet sich im Vatikan Museo Chiaramonti<br />

als Nr. 644 <strong>und</strong> hat von F. Hauser (›Disiecta membra neuattischer<br />

Reliefs‹ im Jahreshefte des österr. archäol. Instituts, Bd. VI, Heft 1)<br />

Ergänzung <strong>und</strong> Deutung erfahren [Hauser, 1903], Durch Zusammen-<br />

setzung der »Gradiva« mit anderen Bruchstücken in Florenz <strong>und</strong> Mün-<br />

chen ergaben sich zwei Reliefplatten mit je drei Gestalten, in denen man<br />

die Hören, die Göttinnen der Vegetation <strong>und</strong> die ihnen verwandten<br />

Gottheiten des befruchtenden Taus erkennen durfte 2 .<br />

1 [Dresden, C. Reissner, 1911.]<br />

2 [Hauser (1. c.) hält sie für römische Kopien von griechischen Originalen aus der<br />

zweiten Hälfte des 4. Jahrh<strong>und</strong>erts v. Chr. Das »Gradiva«-Relief befindet sich heute<br />

(1968) in Sektion VII/2 des Museo Chiaramonti <strong>und</strong> trägt die Katalognummer 1284.]<br />

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