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Bildende Kunst und Literatur

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<strong>Bildende</strong> <strong>Kunst</strong> <strong>und</strong> <strong>Literatur</strong><br />

Reihe der geheimnisvollen, durch das rätselhafte Lächeln ausgezeich-<br />

neten Bilder. Mit Hilfe seiner urältesten erotischen Regungen feiert er<br />

den Triumph, die Hemmung in seiner <strong>Kunst</strong> noch einmal zu über-<br />

winden. Diese letzte Entwicklung verschwimmt für uns im Dunkel des<br />

herannahenden Alters. Sein Intellekt hat sich noch vorher zu den höch-<br />

sten Leistungen einer seine Zeit weit hinter sich lassenden Weltanschau-<br />

ung aufgeschwungen.<br />

Ich habe in den voranstehenden Abschnitten angeführt, was zu einer<br />

solchen Darstellung des Entwicklungsganges Leonardos, zu einer der-<br />

artigen Gliederung seines Lebens <strong>und</strong> Aufklärung seines Schwankens<br />

zwischen <strong>Kunst</strong> <strong>und</strong> Wissenschaft berechtigen kann. Sollte ich mit diesen<br />

Ausführungen auch bei Fre<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Kennern der Psychoanalyse das<br />

Urteil hervorrufen, daß ich bloß einen psychoanalytischen Roman ge-<br />

schrieben habe, so werde ich antworten, daß ich die Sicherheit dieser Er-<br />

gebnisse gewiß nicht überschätze. Ich bin wie andere der Anziehung<br />

unterlegen, die von diesem großen <strong>und</strong> rätselhaften Manne ausgeht, in<br />

dessen Wesen man mächtige triebhafte Leidenschaften zu verspüren<br />

glaubt, die sich doch nur so merkwürdig gedämpft äußern können.<br />

Was immer aber die Wahrheit über Leonardos Leben sein mag, wir<br />

können von unserem Versuche, sie psychoanalytisch zu ergründen, nicht<br />

eher ablassen, als bis wir eine andere Aufgabe erledigt haben. Wir müs-<br />

sen ganz allgemein die Grenzen abstecken, welche der Leistungsfähigkeit<br />

der Psychoanalyse in der Biographik gesetzt sind, damit uns nicht jede<br />

unterbliebene Erklärung als ein Mißerfolg ausgelegt werde. Der psycho-<br />

analytischen Untersuchung stehen als Material die Daten der Lebens-<br />

geschichte zur Verfügung, einerseits die Zufälligkeiten der Begeben-<br />

heiten <strong>und</strong> Milieueinflüsse, anderseits die berichteten Reaktionen des<br />

Individuums. Gestützt auf ihre Kenntnis der psychischen Mechanismen<br />

sucht sie nun das Wesen des Individuums aus seinen Reaktionen dyna-<br />

misch zu ergründen, seine ursprünglichen seelischen Triebkräfte aufzu-<br />

decken sowie deren spätere Umwandlungen <strong>und</strong> Entwicklungen. Ge-<br />

lingt dies, so ist das Lebensverhalten der Persönlichkeit durch das Zu-<br />

sammenwirken von Konstitution <strong>und</strong> Schicksal, inneren Kräften <strong>und</strong><br />

äußeren Mächten aufgeklärt. Wenn ein solches Unternehmen, wie viel-<br />

leicht im Falle Leonardos, keine gesicherten Resultate ergibt, so liegt die<br />

Schuld nicht an der fehlerhaften oder unzulänglichen Methodik der<br />

Psychoanalyse, sondern an der Unsicherheit <strong>und</strong> Lückenhaftigkeit des<br />

Materials, welches die Überlieferung für diese Person beistellt. Für das<br />

Mißglücken ist also nur der Autor verantwortlich zu machen, der die<br />

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