Die Idee des Bedingungslosen Grundeinkommens - Rosa ...
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Ende dieses Rationalisierungsschubes der inneren Natur <strong>des</strong> Arbeiters, <strong>des</strong>sen Einstellung<br />
zur Arbeit und damit auch seine Vorstellung von der Arbeit sich grundlegend<br />
verändert hat. Es stellt sich ein Pflichtgefühl gegenüber der Arbeit ein, Stolz<br />
auf die eigene Arbeitsleistung, die sich mit emotionaler Selbstbeherrschung und berechnender<br />
Rationalität verbindet. Auch wenn eine komplette Anpassung an den Arbeitsprozess<br />
im Sinne der Arbeitgeber nie stattfand und es immer wieder zu Unmutsäußerungen,<br />
Streiks oder gar Revolutionsversuchen kam, wandten sich die<br />
Arbeiter stets eher gegen die Arbeits- oder Besitzverhältnisse als gegen regulative<br />
Normen wie Fleiß, Pünktlichkeit oder Sparsamkeit. Nicht-Arbeit erscheint nicht<br />
mehr als erstrebenswerte gesellschaftliche Alternative, ja geradezu als un-natürlich.<br />
Doch von einem Kapitalismus zu sprechen verschließt die Augen vor einer<br />
Vielzahl von kleinen, aber bedeutsamen Unterschieden in Organisation und Interpretation<br />
der Arbeit in den Kapitalismen Europas. In feinen Unterschieden der Arbeitsorganisation<br />
lässt sich ein unterschiedliches Verständnis von Arbeit ablesen,<br />
welches wiederum als Sozialisierungsbedingung zu verschiedenen Auffassungen<br />
von Arbeit führt.<br />
Obwohl beispielsweise in England und Deutschland Weber gleichermaßen<br />
nach Stückzahl bezahlt wurden, weist Biernacki 47 auf einen entscheidenden Unterschied<br />
in der Operationalisierung und der Begründung der Bezahlung hin. Qualitativ<br />
höherwertige Ware wurde in beiden Ländern besser bezahlt, wobei es aber<br />
in England einzig auf die Dichte <strong>des</strong> Stoffes, also die Menge <strong>des</strong> verarbeiteten<br />
Materials pro Fläche ankam, während in Deutschland (eher) nach »Schüssen« bezahlt<br />
wurde. Ein Schuss war diejenige Aktivität, bei der das Faden tragende Webschiffchen<br />
einmal hin- und wieder zurückgeführt wurde. Das fertige Produkt<br />
wurde in Deutschland nicht wie in England als Objekt der Bezahlung wahrgenommen,<br />
sondern lediglich als <strong>des</strong>sen Zeichen. Bezahlt wurde die Aktivität, die<br />
Arbeitstätigkeit. Damit verbunden war auch eine unterschiedliche Sichtweise <strong>des</strong><br />
»employers« bzw. Arbeitgebers. In Deutschland wurde die ganze Person an den<br />
Unternehmer vermietet. <strong>Die</strong>ser war als Autorität notwendig, um aus der Arbeitskraft,<br />
jener mysteriösen Quelle, für welche es keine angemessene englische Übersetzung<br />
gibt, einen Mehrwert heraus zu holen. Dazu musste er den Produktionsprozess<br />
kontrollieren und als Organisator tätig werden, wohingegen ihm in England<br />
die Rolle als Zwischenhändler und Investor zufiel. Daher sahen sich englische Arbeiter<br />
eher als in das Marktgeschehen handelnd eingebundene Subjekte, während<br />
sich ihre deutschen Kollegen als »schaffend« begriffen und der Distributionssphäre<br />
misstrauisch gegenüber standen. Wichtig ist hier festzuhalten, dass keinerlei<br />
materielle Gründe für die unterschiedlichen Bezahlungsarten existierten, die<br />
Art der Bezahlung aber in beiden Regionen sowohl von Unternehmern als auch<br />
von den Arbeitern als vollkommen selbstverständlich angesehen wurde.<br />
47 Biernacki: The Fabrication of Labor.<br />
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