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Die Idee des Bedingungslosen Grundeinkommens - Rosa ...

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halb, weil sie sich mit nichts anderem beschäftigen können als mit ihrer eigenen<br />

Not. 86<br />

In ihrem Kapitel über die »soziale Frage« beschreibt Arendt anknüpfend an<br />

Brechts Worte über die Armen, die »im Dunkeln« sind 87 : »Selbst wenn die Not <strong>des</strong><br />

Elends gestillt ist, bleibt es das Unglück der Armut, daß das Leben keine Folgen<br />

in der Welt hat, keine Spur in ihr hinterläßt, daß es von dem Licht der Öffentlichkeit<br />

ausgeschlossen ist, in dem allein das Ausgezeichnete und Außerordentliche<br />

aufleuchten kann.« 88 <strong>Die</strong>se Darstellung setzt Armut nicht nur mit materieller Not<br />

in eins, sondern mit dem Ausschluss aus einer (politischen) Öffentlichkeit, die<br />

sich erst konstituiert durch diejenigen Subjekte, die in ihr handeln. Politisch ist<br />

nach Arendt nicht die Sphäre bürokratischer Verwaltung und Zuteilung, die landläufig<br />

als Politik bezeichnet wird, sondern politisch können nur lebendige Prozesse<br />

sein, die sich zwischen Menschen abspielen und die selbst erst Öffentlichkeit<br />

herstellen. Daraus folgt nun, dass Armut von Arendt nicht in erster Linie als<br />

ein Zustand beschrieben wird, in dem man etwas nicht bekommt, sondern Arendt<br />

legt den Akzent darauf, dass man, wenn man arm ist, daran gehindert wird, selbst<br />

aktiv zu werden, was für sie heißt, sich an der Gestaltung der gemeinsamen Welt<br />

zu beteiligen. <strong>Die</strong> Behauptung Arendts, Arme seien von der Freiheit ausgeschlossen,<br />

hat nun überhaupt nichts gemein mit der heute oft zu hörenden neoliberalen<br />

Forderung, die Armen sollten ihr Schicksal, d. h. die materielle Verbesserung ihrer<br />

Lage, selbst in die Hand nehmen. Denn dass Arendt mit Freiheit nicht die Freiheit<br />

<strong>des</strong> unternehmerischen Selbst 89 meint, sondern etwas, das über die eigene Versorgung<br />

hinausgeht, liegt klar auf der Hand.<br />

Arme werden wiederum in unseren Debatten zumeist als Menschen dargestellt,<br />

die aus verschiedenen Gründen keine Arbeit bekommen haben. Weitläufige Wortgefechte<br />

führen wir über die Frage, ob dieser Sachverhalt mehr mit globalen ökonomischen<br />

oder regionalen verwaltungspolitischen Strukturen zu tun hat oder<br />

eher mit individuellen Versäumnissen.<br />

Zu nahezu allen Darstellungsvarianten von der Viktimisierung Arbeitsloser bis<br />

zur Aufforderung, unternehmerische Initiative zu ergreifen, liegen Arendts Bestimmungen<br />

einer in erster Line nicht-ökonomisch orientierten Öffentlichkeit<br />

quer. Und das macht sie interessant für uns und unsere Situation. Denn ihre Thesen<br />

stellen eine Herausforderung dar in der historischen Situation <strong>des</strong> auf das<br />

Ökonomische eingeengten Blicks. Menschen ohne Arbeit (wenn sie nicht anderweitig<br />

versorgt werden) sind in der gegenwärtigen kollektiven Wahrnehmung lediglich<br />

Menschen, die sich etwas nicht leisten können – eine Urlaubsreise, den<br />

86 <strong>Die</strong>sen Akzent setzt auch Rahel Jaeggi in ihrem Artikel: Wie weiter mit Hannah Arendt? in: Wie weiter mit?<br />

Hrsg. vom Hamburger Institut für Sozialforschung, Hamburg (Hamburger Edition), 2008.<br />

87 »Denn die einen sind im Dunkeln / Und die anderen sind im Licht. / Und man siehet die im Lichte, / die im Dunkeln<br />

sieht man nicht.« Vgl. Arendt: Über die Revolution, S. 86. Siehe Bertolt Brecht: Schluss-Strophen <strong>des</strong> Dreigroschenfilms<br />

1930.<br />

88 Arendt: Über die Revolution, S. 86.<br />

89 Vgl. Ulrich Bröckling: Das unternehmerische Selbst, Frankfurt a. Main 2007.<br />

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