Die Idee des Bedingungslosen Grundeinkommens - Rosa ...
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Arbeit, Armut und Konsum – die Lage in den kleinen Städten<br />
<strong>Die</strong> Situation in den kleinen Städten und Dörfern in den neuen Bun<strong>des</strong>ländern ist<br />
bis auf wenige Ausnahmen prekär. Doch sprechen die Häuser eine andere Sprache<br />
– die heute zumeist renovierten Gebäude verschweigen die jüngere Geschichte.<br />
An ihren Fassaden lassen sich nicht mehr die Ereignisse der zwanzig Jahre nach<br />
dem Mauerfall ablesen. Lediglich die Ruinen der Industriegebäude, die bald abgerissen<br />
sein werden, sprechen von dem Untergang ganzer Industrien, von einer<br />
kompletten Verwandlung der Landschaft. Jedoch finden sich hinter den Fassaden<br />
bis heute Menschen, deren Biographien durch die politischen und sozialen Umbrüche<br />
komplett verändert wurden. Auch wenn man soziopolitische Entwicklungen,<br />
die heute grob unter dem Stichwort der »Globalisierung« zusammengefasst<br />
werden, beiseite lässt, finden sich in jeder Biographie Brüche und Umorientierungen,<br />
die zwangsläufig jeden Einzelnen und jede Einzelne zur Entwicklung neuer<br />
Weltbilder – eines neuen Verständnisses einer gemeinsamen Welt, wie Arendt es<br />
formulieren würde – herausgefordert haben.<br />
Eine hohe Arbeitslosigkeit, Schrumpfung und Abwanderung sind die Phänomene,<br />
mit denen sich die Menschen in ländlichen Regionen und kleinen Städten<br />
auseinander zu setzen haben, Armut und Verlust von Selbstvertrauen sind die<br />
Folgen. Zur Kompensation stehen den Menschen (so wie anderswo auch) verschiedene<br />
Verhaltensweisen zur Auswahl: Alltagsrassismus, ausufernder Konsum<br />
(wenn man ihn sich leisten kann), Wellness-Angebote oder übermäßige Nahrungsmittelaufnahme<br />
(dies auch für die Ärmeren). Nicht mehr zu erlangen ist für<br />
viele Menschen eine Selbstbestätigung über berufliche Perspektiven, sind doch<br />
erstens die meisten leitenden Funktionen in Universitäten, Museen und Betrieben<br />
durch westdeutsche LeiterInnen und GeschäftsführerInnen besetzt und haben sich<br />
zweitens große Gruppen der Bevölkerung in den letzten zwei Jahrzehnten in<br />
prekären staatlichen Beschäftigungsverhältnissen wie den sogenannten ABM-<br />
Maßnahmen und Ein-Euro-Jobs aufgehalten, in denen die beruflichen Perspektiven<br />
gegen Null tendieren. <strong>Die</strong> materielle Versorgungslage ist dagegen nicht so<br />
schlecht wie die von vielen Bürgern anderer postsozialistischer Länder. Auch den<br />
Beziehern von Hartz IV wird ein gewisser materieller Standard geboten, werden<br />
medizinische Versorgung, Miete und Heizung bezahlt. Will man von Prekarität<br />
sprechen, muss dieser Ausdruck hier und heute also noch etwas anderes bedeuten<br />
als absolute materielle Armut der Einzelnen.<br />
Kunst mit Arendt über Arbeit<br />
Weißenfels in Sachsen-Anhalt ist eine solche Stadt, in der die Industrien verschwunden<br />
sind. Ehemals eine Arbeiterstadt, in denen die meisten Menschen von<br />
der Schuhindustrie oder der Chemieindustrie im nahe gelegenen Chemiestandort<br />
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