Die Idee des Bedingungslosen Grundeinkommens - Rosa ...
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Theaterbesuch, die Eintrittskarten in den Zoo; das macht ihren Mangel aus, so die<br />
übliche Darstellung. <strong>Die</strong>se Dinge werden meistens als »das Nötige« postuliert<br />
und ein Streit findet darüber statt, ob die armen Menschen ein Telefon brauchen<br />
oder nicht, einen Zoobesuch, eine Urlaubsreise oder eine gesunde Ernährung. <strong>Die</strong><br />
Meinungen gehen an diesem Punkt sehr weit auseinander, niemand kann für sich<br />
in Anspruch nehmen, allein zu definieren, was das Nötigste denn eigentlich sei.<br />
Ganz unmerklich stellt sich bei diesen Debatten heraus, dass hier der Ausschluss<br />
einer immer größer werdenden Gruppe von Menschen aus dem Konsum verhandelt<br />
wird. <strong>Die</strong>se Feststellung ist keine Verharmlosung, denn der Ausschluss passiert<br />
in einer Welt, in dem das Konsumierenkönnen mittlerweile die herausragende<br />
Rolle zu spielen scheint.<br />
Und an diesem Punkt lässt sich nun Arendt produktiv machen. Denn aus ihrer<br />
Perspektive müssen die Konflikte und Defizite anders beschrieben werden. Damit<br />
soll nicht gesagt sein, dass materieller Mangel nicht auch von ihr anerkannt wird, als<br />
Grund für andere – in ihren Augen schwerwiegendere – Exklusionen. Der Blick<br />
Arendts auf das Problem der Exklusion von arbeitslosen und armen Menschen aus<br />
der Gesellschaft unterscheidet sich aber von unseren weitläufigen Diskussionen<br />
über das anerkannte Maß an materiellen Bedürftigkeiten dadurch, dass man laut<br />
Arendt per Definition nicht ausgeschlossen werden kann durch verminderte Konsumfähigkeit;<br />
sondern Exklusionen finden statt, indem manchen Menschen das<br />
»Licht der Öffentlichkeit« vorenthalten bleibt. 90 <strong>Die</strong> Öffentlichkeit Arendts aber ist<br />
keine, die lediglich durch »Teilhabe« erlangt werden kann, sondern beraubt werden<br />
Menschen vielmehr ihrer aktiven Handlungsfähigkeit, die weit über den Begriff der<br />
Teilhabe hinausgeht. Der »Verlust der Welt« wird von Arendt nicht als mangelnde<br />
ökonomische Potenz beschrieben, sondern als Kontaktarmut und Passivität, die<br />
Menschen erleiden, wenn ihr Leben nur noch im Privaten stattfindet. 91 So sind Anerkennung<br />
und Lob laut Arendt nur wertvolle Güter, wenn sie (vielleicht erst mühsam)<br />
durch Handeln entstehen in der sich durch dieses Handeln auch für die handelnde<br />
Person erst konstituierenden Öffentlichkeit. Erwirbt man »Anerkennung und<br />
Lob« dagegen »so billig wie nur möglich« und konsumiert sie »wie andere Konsumgüter<br />
auch« 92 , hat man sie in gewisser Hinsicht »ökonomisiert« und damit aus<br />
Arendts Perspektive entwertet. Defizient leben also nach Arendt nicht allein die sogenannten<br />
Armen, die im Dunkeln bleiben, sondern als mangelhaft wäre z. B. auch<br />
ein Leben zu verstehen, in welchem öffentliche Anerkennung behandelt wird wie<br />
ein privates Gut, das, einer Ware oder einem Besitz gleich, angehäuft wird. In beiden<br />
Fällen geht es um einen Verlust der gemeinsamen Welt, die sich allein durch<br />
»das Faktum menschlicher Pluralität« manifestiert. 93<br />
90 Ebenda, S. 86.<br />
91 Vgl. Hannah Arendt: Vita activa oder Vom tätigen Leben, München/Zürich 2002, Sechstes Kapitel: <strong>Die</strong> Vita<br />
activa und die Neuzeit, S. 318-415.<br />
92 Arendt: Über die Revolution, S. 87 f.<br />
93 Arendt: Vita activa, S. 213.<br />
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