Die Idee des Bedingungslosen Grundeinkommens - Rosa ...
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<strong>Die</strong> bedingungslose Entkopplung von Erwerbsarbeit und Einkommen<br />
Wenn die Gesellschaft auf Tätigkeiten jenseits von Erwerbsarbeit angewiesen ist,<br />
diese sogar Vorleistungen jeder Erwerbsarbeit sind und wenn die tatsächliche gesellschaftliche<br />
Leistung von Erwerbsarbeit in Frage gestellt werden muss, dann<br />
ergeben sich zwei Überlegungen. Entweder man entlohnt gesellschaftlich nützliche<br />
Arbeit oder man entkoppelt Erwerbsarbeit und Einkommen vollständig und<br />
bedingungslos voneinander. Das Ergebnis der ersten Überlegung hat Konzepte<br />
wie das Bürgergeld von Ulrich Beck 130 hervorgebracht, das jeder/m ein Einkommen<br />
sichert, die/der sich zu einem gesellschaftlich nützlichen Engagement bereit<br />
erklärt. <strong>Die</strong> zweite Überlegung mündete in Forderungen nach einem <strong>Bedingungslosen</strong><br />
Grundeinkommen.<br />
Der Vorschlag zum Bürgergeld à la Beck erscheint aus mehreren Gründen problematisch:<br />
Da wäre zunächst die Frage nach der Definition <strong>des</strong>sen, was gesellschaftlich<br />
sinnvolle und nützliche Tätigkeiten sind. Oder anders formuliert: Kann<br />
es im Sinne eines links-emanzipatorischen Gesellschaftskonzeptes sein, dass eine<br />
Instanz in paternalistischer Selbstgerechtigkeit darüber befindet, welche Lebensentwürfe<br />
es wert sind, unterstützt zu werden? Wohl kaum, wenn man die Forderung<br />
der Herstellung einer positiven und negativen Freiheit aufrechterhalten<br />
möchte.<br />
Ein zweites Problem ergibt sich mit der notwendigen Kontrolle der Gegenleistungsverpflichtung.<br />
<strong>Die</strong> Ausübung einer sogenannten gesellschaftlich nützlichen<br />
Tätigkeit als Voraussetzung für den Bezug <strong>des</strong> Bürgergel<strong>des</strong>, muss überprüft werden.<br />
Oscar Wilde hätte einem solchen Vorschlag heftig widersprochen, denn kein<br />
»Sozialist [könnte] heutzutage im Ernst vorschlagen, ein Inspektor solle jeden<br />
Morgen je<strong>des</strong> Haus visitieren, um nachzusehen, ob jeder Bürger aufgestanden ist<br />
und sich an seine achtstündige, körperliche Arbeit gemacht hat […]. Aber ich gestehe,<br />
viele sozialistische Anschauungen, denen ich begegnet bin, scheinen mir<br />
mit unsauberen Vorstellungen von autoritärer Gewalt, wenn nicht tatsächlich<br />
Zwang behaftet zu sein. Autoritäre Gewalt und Zwang können natürlich nicht in<br />
Frage kommen. Alle Vereinigung muß ganz freiwillig sein. Nur in freiwilligen<br />
Vereinigungen ist der Mensch schön« 131 . Kontrollmechanismen wie sie auch<br />
bedürftigkeitsgeprüfte und zur Gegenleistung verpflichtende Grundsicherungsmodelle<br />
vorsehen, führen unweigerlich zu Eingriffen in Persönlichkeits- und Freiheitsrechte<br />
und ziehen schlimmstenfalls weitere Eingriffs-, Kontroll- und Repressionsinstanzen<br />
nach sich. Genau dieses Problem haben auch Befürworter/innen<br />
links-emanzipatorischer <strong>Grundeinkommens</strong>modelle erkannt. <strong>Die</strong> Überprüfungen<br />
130 Der Begriff Bürgergeld wurde ursprünglich von Joachim Mitschke für sein Modell der Negativen Einkommenssteuer<br />
auf Sozialhilfeniveau benutzt. Der Soziologe Ulrich Beck verwandte ihn für die Entgeltung einer<br />
gemeinnützigen Bürgerarbeit auf Arbeitslosenhilfe-/Sozialhilfeniveau. Ulrich Beck: <strong>Die</strong> Zukunft von Arbeit<br />
und Demokratie, Frankfurt a. M. 2000.<br />
131 Wilde: Der Sozialismus, S. 16-17. Zu Voraussetzungen freier Kooperation siehe auch Christoph Spehr: Gleicher<br />
als andere. Eine Grundlegung der freien Kooperation, Berlin 2003.<br />
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