Expo Real 2022 - Digital Edition

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Expo Real 2022 „Wir hatten einen sehr intensiven Sommer“ Große Pläne. Michael Klement, CEO der United Benefits Holding, spricht im Interview unter anderem über das „absolute Wachstumsfeld“ ESG, die Stimmung am Investmentmarkt und wie die Expansionspläne seines Unternehmens voranschreiten. Das Gespräch führte: Patrick Baldia Die Zinswende ist erfolgt, müssen wir uns jetzt wieder auf schmerzhaft hohe Niveaus ähnlich wie in den 90er Jahren einstellen? Michael Klement: Kurz- und mittelfristig müssen wir uns wohl auf weiter steigende Zinsen einstellen. Ich erwarte aber keine Horrorszenarien wie etwa in den Nuller-Jahren, als sie bei rund sechs Prozent lagen. Wahrscheinlich werden wir uns für die kommenden fünf Jahre auf rund drei Prozent einstellen müssen. Langfristig sehe ich wieder niedrigere Zinsen. Man darf nicht vergessen, dass die Zinserhöhung eine Maßnahme gegen die wuchernde Inflation ist. Wie würden Sie die Stimmungslage am Markt einschätzen? Folgt auf das Ende der langen Immobilien-Party der große Kater? Zweifellos ist am Markt aktuell viel Unsicherheit auszumachen. Schließlich sind ja die Finanzierungskosten deutlich gestiegen. Es ist aber auch nicht mehr so einfach, zu Krediten zu kommen, weshalb bei dem einen oder anderen Projekt bereits auf die Stopp-Taste gedrückt wurde. Wenngleich dabei natürlich auch die hohen Baupreise eine Rolle gespielt haben. Aber Unsicherheit sehe ich nicht nur bei Investoren, Entwicklern oder Bankern, sondern vor allem bei normalen Menschen. Die Betriebskosten haben ja ein extremes 92 ImmoFokus
Niveau erreicht und werden zumindest kurzfristig weiter steigen. Die Gesamtbelastung für Mieter hat insgesamt extrem zugenommen. Werden die Immobilienpreise weiter steigen? In den kommenden zwölf Monaten sind weitere starke Anstiege durchaus möglich. Vor allem in den Ballungsräumen. Aber ausschließlich inflationsgetrieben. Danach erwarte ich eine Seitwärtsbewegung. Fallende Preise sehe ich nicht. Anstiege wie in den letzten Jahren aber auch nicht. Diese waren aus meiner Sicht auch ungesund. Wie schaut es mit den Mieten aus? Ich glaube, dass wir bei den Mieten nicht mehr viel Spielraum nach oben haben. Andererseits rechne ich auch nicht mit Rückgängen, sie sollten sich vielmehr auf einem normalen Niveau einpendeln. Wurden die Menschen, was die Höhe der Kreditzinsen betrifft, auf dem falschen Fuß erwischt? Ich glaube, dass mit einem Anstieg auf 1,5 bis zwei Prozent gerechnet wurde. Tatsächlich ist es doppelt so viel geworden. Was erschwerend dazukommt: Wer mit gesichertem Einkommen in den letzten fünf Jahren Eigentum kaufen wollte, hat praktisch kein Eigenkapital benötigt. Jetzt sind mindestens 20 Prozent vorgeschrieben. Bei einer durchschnittlichen Anlegerwohnung in Wien, die rund 350.000 Euro kostet, wären das 70.000 Euro. Bei Michael Klement Eigennutzerobjekten reden wir von mehr als 100.000 Euro. Wer hat solche Summen heutzutage schon liquide verfügbar? Auch mag die Laufzeitbegrenzung aus Risikosicht vernünftig sein. Ich bin hier jedoch von England geprägt, wo aufgrund der hohen Immobilienpreise unbegrenzte Laufzeiten üblich sind. Dort verschuldet sich der Käufer, seine Kinder erben das Eigentum und die restlichen Schulden. „Wir wollen in die ESG-Beratung gehen und arbeiten aktuell an einem Joint-Venture mit einem sehr namhaften Partner aus der Baubranche.“ Michael Klement, United Benefits Holding Der gebürtige Oberösterreicher war nach abgeschlossenen Studien der Rechtswissenschaften und Immobilienwirtschaft viele Jahre als Asset- und Investmentmanager in Führungsaufgaben tätig, etwa bei CA Immo und bei Signa. 2015 heuerte er bei Invester United Benefits an. 2017 wechselte er als COO in den Vorstand. Ein Jahr später trat er den Posten als CEO an. Seit 2021 übt er diese Funktion auch in der United Benefits Holding aus. Wird die Zinswende eine Konsolidierungswelle auslösen? Ich hoffe nicht. Vor allem, wenn man bedenkt, wie wichtig die Immobilienbranche für die Gesamtwirtschaft ist. Grundsätzlich glaube ich aber, dass es zu einer gewissen Konsolidierung kommen muss. In den letzten Jahren ist ja fast jeder, der Geld und/oder ein Grundstück hatte, als Projektentwickler aufgetreten. Das wird es künftig nicht mehr geben. Dennoch glaube ich nicht, dass wir uns vor einer großen Konsolidierungswelle fürchten müssen. Wie nehmen Sie aktuell das Geschehen am Investmentmarkt wahr? Wir sehen derzeit weniger Deals. Und wenn, dann eher Tradings von Projektentwicklungen oder Liegenschaften, was es früher nicht gegeben hat. Wir selbst haben glücklicherweise einen sehr intensiven Sommer gehabt. Erwarten Sie auch einen intensiven Herbst? Das ist im aktuellen Umfeld natürlich schwer zu sagen. Normalerweise ist das vierte Quartal Expo Real Digital Edition 2022 93
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