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Handbuch zur naturnahen Unterhaltung und zum Ausbau von

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Makrozoobenthos<br />

<strong>Handbuch</strong> <strong>zur</strong> <strong>naturnahen</strong> <strong>Unterhaltung</strong> <strong>und</strong> <strong>zum</strong> <strong>Ausbau</strong> <strong>von</strong> Fließgewässern<br />

Das Makrozoobenthos umfasst die wirbellosen Tiere,<br />

die die Gewässersohle besiedeln. Dazu gehören<br />

Muscheln (Bivalvia), Schnecken (Gastropoda) <strong>und</strong><br />

Krebse (Crustacea), die ihr ganzes Leben im Wasser<br />

verbringen. Darüber hinaus prägt die arten- <strong>und</strong> individuenreiche<br />

Gruppe der Insekten, die z. T. nur als<br />

Larven im Wasser <strong>und</strong> als Imagines (d. h. erwachsene,<br />

geschlechtsreife Tiere) dann terrestrisch leben,<br />

die Wirbellosen-Fauna am Gewässergr<strong>und</strong>. Vor allem<br />

Eintagsfliegen (Ephemeroptera), Steinfliegen (Plecoptera)<br />

<strong>und</strong> Köcherfliegen (Trichoptera) sind zahlreich<br />

vertreten. Viele dieser Organismen dienen u. a. den<br />

Fischen als Nahrung (Fischnährtiere).<br />

Die einzelnen Makrozoobenthos-Gruppen <strong>und</strong> -Arten<br />

haben z. T. sehr spezifische Anforderungen an ihren Lebensraum.<br />

Neben einer guten Wasserqualität mit ausreichend<br />

Sauerstoff sind aber v. a. bestimmte Habitate<br />

<strong>und</strong> Strukturen entscheidend, um ein Fließgewässer<br />

besiedeln zu können. Solche Habitate sind z. B. Totholz,<br />

Falllaub <strong>und</strong> Erlenwurzeln im Gewässer, stabile<br />

Gewässersohlen mit großer Strömungs- <strong>und</strong> Substratdiversität<br />

sowie standortheimische Ufergehölze. Diese<br />

vielfältigen Strukturen sind überlebenswichtig für das<br />

Vorkommen vieler Arten. Die in Kapitel 2.2 vorgestellten<br />

Fließgewässertypen wurden insbesondere anhand<br />

der charakteristischen Besiedlung durch das Makrozoobenthos<br />

abgeleitet. Das heißt, zu jedem Fließgewässertyp<br />

existiert eine charakteristische Ausprägung<br />

des Makrozoobenthos. Weil die Artenvielfalt im Vergleich<br />

zu den Fischen sehr viel größer ist, können für<br />

das Makrozoobenthos jedoch keine überschaubaren<br />

Tabellen mit den Arten <strong>und</strong> ihren relativen Häufigkeiten<br />

erstellt werden. Im Folgenden wird die Makrozoobenthos-Besiedlung<br />

der Fließgewässertypen in Thüringen<br />

kurz vorgestellt. Eine ausführliche Beschreibung dieser<br />

biologischen Qualitätskomponente findet sich in den<br />

Steckbriefen (Pottgiesser & so m m e r h ä u s e r 2008b).<br />

Im Mittelgebirge prägen ein höheres Gefälle, niedrige<br />

Jahresmitteltemperaturen <strong>und</strong> überwiegend gröbere<br />

mineralische Substrate die meisten Bäche <strong>und</strong> Flüsse.<br />

Zu diesen „klassischen“ Mittelgebirgsgewässern<br />

gehören z. B. der Typ 5 Grobmaterialreiche, silikatische<br />

Mittelgebirgsbäche oder der Typ 7 Grobmaterialreiche,<br />

karbonatische Mittelgebirgsbäche. Dementsprechend<br />

wird die Makrozoobenthos-Gemeinschaft im Hinblick<br />

auf Strömung, Sauerstoffgehalt <strong>und</strong> niedrige<br />

Wassertemperaturen <strong>von</strong> sehr anspruchsvollen Arten<br />

der Oberläufe dominiert. Besiedler steiniger Sub-<br />

Thüringer Landesanstalt<br />

für Umwelt <strong>und</strong> Geologie<br />

Seite 19<br />

strate herrschen vor, wobei viele Arten auch das gut<br />

ausgeprägte Lückensystem (Interstitial) bewohnen.<br />

Daneben kommen in <strong>naturnahen</strong> Bächen aber auch<br />

Arten vor, die die sandig-schlammigen Ablagerungen<br />

in strömungsberuhigten Kolken oder Uferbereichen<br />

aufsuchen. Da Bäche <strong>von</strong> Natur aus vollständig durch<br />

Ufergehölze beschattet sind, ernähren sich viele der<br />

vorkommenden Arten <strong>von</strong> Falllaub aus Erlen- oder<br />

Weidenblättern (s. Abb. 17).<br />

Abb. 17: Larve der Köcherfliege Halesus radiatus<br />

(Foto: A. Müller)<br />

Sie ernährt sich u. a. <strong>von</strong> Falllaub.<br />

Im Vergleich zu den grobmaterialreichen Mittelgebirgsbachtypen<br />

hat der Typ 5.1 Feinmaterialreiche, silikatische<br />

Mittelgebirgsbäche natürlicherweise eine eher artenarme<br />

Makrozoobenthos-Lebensgemeinschaft. Es finden sich<br />

neben (wenigen!) Besiedlern der lagestabilen Feinsedimente<br />

v. a. strömungsliebende Bewohner <strong>von</strong> Hartsubstraten,<br />

die das rasch überstömte Totholz <strong>und</strong> steinige<br />

Schnellen besiedeln. Wegen des Aufkommens an Totholz<br />

<strong>und</strong> Falllaub sind zerkleinernde Arten sehr häufig.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der starken Fracht an Feinpartikeln, die charakteristisch<br />

für viele Gewässer des Typs 6 Feinmaterialreiche,<br />

karbonatische Mittelgebirgsbäche ist, fehlen<br />

anspruchsvolle <strong>und</strong> spezialisierte Arten weitgehend.<br />

Neben den typischen Arten der lagestabilen Feinsedimente,<br />

darunter z. B. grabende Arten, kommen auch<br />

zahlreiche strömungsliebende Besiedler <strong>von</strong> Hartsubstraten<br />

vor, die die kiesigen Gewässerabschnitte, aber<br />

v. a. das Totholz bevorzugen. Gleiches gilt für den Subtyp<br />

6_K Feinmaterialreiche, karbonatische Mittelgebirgsbäche<br />

des Keupers.<br />

Die kleinen Mittelgebirgsflüsse – dazu zählen die Gewässertypen<br />

9 Silikatische, fein- bis grobmaterialreiche<br />

Mittelgebirgsflüsse <strong>und</strong> 9.1 Karbonatische, fein- bis grobmaterialreiche<br />

Mittelgebirgsflüsse – weisen aufgr<strong>und</strong> der<br />

großen Habitatvielfalt eine sehr artenreiche Makrozoobenthos-Lebensgemeinschaft<br />

auf. Auf den lagestabilen

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