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Handbuch zur naturnahen Unterhaltung und zum Ausbau von

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Seite 40<br />

<strong>Handbuch</strong> <strong>zur</strong> <strong>naturnahen</strong> <strong>Unterhaltung</strong> <strong>und</strong> <strong>zum</strong> <strong>Ausbau</strong> <strong>von</strong> Fließgewässern<br />

4.2.2 Entscheidungsgr<strong>und</strong>lagen für die Auswahl<br />

<strong>von</strong> Maßnahmen der Gewässerunterhaltung<br />

<strong>und</strong> -entwicklung<br />

Anhand der Abbildung 27 soll im Folgenden erläutert<br />

werden, auf welche Weise sich die wirksamsten Möglichkeiten<br />

für eine Gewässerentwicklung im konkreten<br />

Fall ermitteln lassen. Die Ziffern beziehen sich auf die<br />

Nummerierung in der Abbildung; die Buchstaben-<br />

Zahlenkombinationen stellen den Bezug <strong>zum</strong> Maßnahmensteckbrief<br />

her. Im dargestellten Entscheidungsbaum<br />

werden jeweils vorherrschende bzw. typische<br />

Maßnahmenzuordnungen dargestellt. Im Einzelfall<br />

können bei Maßnahmenumsetzungen wegen der verschiedenartigen<br />

Ausprägungen der Maßnahmen andere<br />

Lösungen <strong>und</strong> Zuordnungen gef<strong>und</strong>en werden.<br />

Ist-Zustand = Ziel-Zustand?<br />

1. Zunächst stellt sich die Frage, ob sich ein bestimmter<br />

Bach oder Fluss evtl. schon in dem Zustand befindet,<br />

der für das Gewässer angestrebt wird. (Wie<br />

in Kapitel 4.1 beschrieben, wird das lokale Entwicklungsziel<br />

unter Berücksichtigung der Bewirtschaftungsziele<br />

<strong>und</strong> des Maßnahmenprogramms abgeleitet.)<br />

Kann diese Frage bejaht werden, ist ein<br />

ökologisch guter Zustand also bereits erreicht, so<br />

darf sich gemäß den Anforderungen der WRRL der<br />

Zustand nicht <strong>zum</strong> Negativen hin verändern (Verschlechterungsverbot<br />

7 ). Die Devise lautet daher:<br />

→ Schutz <strong>und</strong> Erhalt<br />

Das Gewässer darf sich frei entfalten: Strukturen<br />

<strong>und</strong> Habitate entstehen, verändern sich, verschwinden<br />

mitunter wieder, um andernorts neu zu<br />

entstehen. Schutz <strong>und</strong> Erhalt bedeutet also nicht,<br />

dass sich nichts verändern darf. Vielmehr dürfen<br />

lediglich keine Eingriffe mit negativen Folgen für<br />

das Gewässer vorgenommen werden. Maßnahmen<br />

im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht<br />

sind hier<strong>von</strong> ausgenommen, müssen aber mit der<br />

nötigen Umsicht vorgenommen werden.<br />

Wenn der Ist-Zustand nicht dem Ziel-Zustand entspricht,<br />

lautet die Devise:<br />

→ Gewässerentwicklung fördern<br />

7 Die Verschlechterung <strong>von</strong> einem sehr guten Zustand<br />

zu einem guten Zustand infolge einer neuen nachhaltigen<br />

Entwicklungstätigkeit des Menschen ist unter bestimmten<br />

Voraussetzungen erlaubt.<br />

Thüringer Landesanstalt<br />

für Umwelt <strong>und</strong> Geologie<br />

2. Entwicklungsraum „erschließbar oder vorhanden“?<br />

Die Suche nach den besten Möglichkeiten für eine<br />

Förderung der Gewässerentwicklung beginnt mit<br />

der Frage, ob dem Gewässer Entwicklungsraum <strong>zur</strong><br />

Verfügung steht oder ob zusätzlicher Raum verfügbar<br />

gemacht werden kann, beispielsweise mit dem<br />

Erwerb weiterer Flächen oder mit einer fallbezogenen<br />

Entschädigung des Eigentümers. Hinweise<br />

<strong>zur</strong> Ausweisung <strong>und</strong> Dimensionierung eines Entwicklungskorridors<br />

können dem Anhang 2 entnommen<br />

werden.<br />

3. Eigendynamik möglich?<br />

Ist ausreichend Raum vorhanden oder erschließbar,<br />

stellt sich als Nächstes die Frage, ob eine eigendynamische<br />

Entwicklung möglich ist. Ist dies<br />

der Fall, greifen die Maßnahmen, die vom Belassen<br />

naturnaher Strukturen bis <strong>zur</strong> gezielten<br />

Entwicklung naturnaher Uferstrukturen reichen<br />

(z. B. Initiierung <strong>von</strong> Strukturen durch Totholz).<br />

Allerdings sind in vielen Fällen Ufer- <strong>und</strong> Sohlenbefestigungen<br />

so stabil, dass eine eigendynamische<br />

Entwicklung in akzeptabler Zeit nicht möglich ist.<br />

In diesen Fällen muss der Bach oder Fluss gezielt<br />

„entfesselt“ werden, um so die Fähigkeit <strong>zur</strong> eigendynamischen<br />

Entwicklung wieder zu erlangen. Eine<br />

Neutrassierung des Gewässers ist angezeigt, wenn<br />

die Lage – z. B. eine Hochlage am Talrand – eine<br />

gezielte eigendynamische Entwicklung nicht oder<br />

nur sehr eingeschränkt ermöglicht.<br />

4. Sohlanhebung möglich?<br />

Der nächste Schritt ist die Frage, ob die bestehende<br />

Sohllage verändert, also angehoben werden kann.<br />

Gemeinsam mit einer Anhebung der Sohle kann im<br />

Idealfall die natürliche Aue (Primäraue) des Gewässers<br />

mit in die Entwicklung einbezogen werden. Ist<br />

eine umfassende Anhebung der Sohle nicht möglich<br />

– <strong>zum</strong>eist sind Hochwasserschutz- <strong>und</strong> Vorflutansprüche<br />

der Gr<strong>und</strong> – kann eine tiefer gelegene Aue<br />

(Sek<strong>und</strong>äraue) die Abflussfunktionen des Gewässers<br />

<strong>und</strong> den Hochwasserschutz mit den Anforderungen<br />

an eine naturnahe Gewässerentwicklung in<br />

Einklang bringen. Bei der Entwicklung <strong>von</strong> Sek<strong>und</strong>ärauen<br />

ist sowohl eine bauliche Umsetzung als<br />

auch eine eigendynamische Entwicklung möglich.<br />

5. Strukturierung innerhalb des Gewässerprofils möglich?<br />

Steht für das Gewässer kein Entwicklungsraum <strong>zur</strong><br />

Verfügung, stellt sich die Frage, ob eine Strukturierung<br />

innerhalb des bestehenden Gewässerprofils möglich<br />

ist. In vielen Fällen sind die Profile so dimensioniert,

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