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Handbuch zur naturnahen Unterhaltung und zum Ausbau von

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<strong>Handbuch</strong> <strong>zur</strong> <strong>naturnahen</strong> <strong>Unterhaltung</strong> <strong>und</strong> <strong>zum</strong> <strong>Ausbau</strong> <strong>von</strong> Fließgewässern<br />

Durch Gewässerausbau <strong>und</strong> ökologisch nicht verträgliche<br />

Gewässerunterhaltung verändern sich die<br />

Makrophyten-Lebensgemeinschaften: Beispielsweise<br />

entspricht im Mittelgebirge das Vorkommen der<br />

Gesellschaft des Einfachen Igelkolbens (Sparganium<br />

emersum-Gesellschaft) nicht dem Leitbild, sondern ist<br />

eine Folge der Stauhaltungen. Durch den <strong>Ausbau</strong> <strong>von</strong><br />

potamal geprägten Fließgewässern ist wegen erhöhter<br />

Fließgeschwindigkeiten ein Wechsel <strong>von</strong> Schwimmblattgesellschaften<br />

zu rhithralen Vegetationstypen zu<br />

beobachten. Durch gewässerbauliche Maßnahmen<br />

weisen zudem die großen Niederungsflüsse <strong>und</strong> -ströme<br />

heute meist relativ große Tiefen auf, die nicht mehr<br />

die ursprünglichen Besiedlungsmöglichkeiten für Makrophyten<br />

bieten, sondern deren Vorkommen auf die<br />

Randbereiche beschränken. Nicht nur der naturferne<br />

Gewässerausbau, sondern auch intensive <strong>Unterhaltung</strong>smaßnahmen<br />

wirken sich negativ auf die Ausprägung<br />

der Makrophyten-Gemeinschaften aus. Hier<strong>von</strong><br />

profitieren i. d. R. schnellwüchsige Arten wie der Einfache<br />

Igelkolben.<br />

Ufer- <strong>und</strong> Auenvegetation<br />

Wie bereits erwähnt, ist eine Typisierung <strong>und</strong> Bewertung<br />

der Ufer- <strong>und</strong> Auenvegetation für die Umsetzung<br />

der WRRL eigentlich nicht erforderlich, weshalb <strong>von</strong><br />

der LAWA auch kein Bewertungsverfahren erstellt wurde.<br />

In einem Forschungs- <strong>und</strong> Entwicklungsvorhaben<br />

wurde jedoch eine Zustandsbewertung der Flussauen<br />

in Deutschland vorgenommen, welche einen b<strong>und</strong>esweiten<br />

Überblick über das Ausmaß der standörtlichen<br />

Veränderungen der Auen gibt <strong>und</strong> unter anderem die<br />

Vegetation <strong>und</strong> Flächennutzung in den Auen berücksichtigt<br />

(Bfn 2009).<br />

Zur potenziellen natürlichen Vegetation (pnV) Thüringens<br />

liegt eine Broschüre vor (Bushart & Suck 2008).<br />

Die pnV darf jedoch nicht mit der Leitbildvegetation<br />

verwechselt werden. Denn die Definition des Leitbildes<br />

konzentriert sich ganz auf das Naturpotenzial der<br />

Fließgewässer <strong>und</strong> berücksichtigt dabei nur irreversible<br />

Einflüsse des Menschen (z. B. Auelehmdecken als<br />

Folge <strong>von</strong> Waldrodungen in historischer Zeit). Deiche<br />

<strong>und</strong> Stauhaltungen werden dagegen als prinzipiell reversibel<br />

betrachtet. Bei der potenziellen natürlichen<br />

Vegetation werden im Gegensatz dazu die vorhandenen<br />

Standortbedingungen einschließlich der erfolgten<br />

Veränderungen einbezogen. Auf dieser Gr<strong>und</strong>lage wird<br />

definiert, welche Vegetationszusammensetzung sich<br />

letztlich herausbilden würde, wenn die anthropogenen<br />

Einflüsse künftig ausbleiben würden. Das pnV-Kon-<br />

Thüringer Landesanstalt<br />

für Umwelt <strong>und</strong> Geologie<br />

Seite 23<br />

zept schließt also keine Rückbaumaßnahmen ein. So<br />

wird z. B. die Vegetationsentwicklung <strong>von</strong> ausgedeichten<br />

Auenflächen unter der Prämisse beschrieben, dass<br />

auf den Flächen keine Nutzung mehr stattfindet, der<br />

Deich jedoch bestehen bleibt.<br />

Weil eine intakte Ufer- <strong>und</strong> Auenvegetation große<br />

Bedeutung für die leitbildkonforme Ausprägung der<br />

Fließgewässer hat, wird nachfolgend ein Überblick<br />

über die Vegetation der Bach- <strong>und</strong> Flussniederungen<br />

Thüringens im Referenzzustand gegeben. Die<br />

Beschreibung erfolgt anhand der hydromorphologischen<br />

Gewässertypen. Eine Übersetzung in die LAWA-<br />

Fließgewässertypen kann der Tabelle A.2 im Anhang 2<br />

entnommen werden. Im nachfolgenden Text wird lediglich<br />

ein Querverweis zu den Nummern der LAWA-<br />

Fließgewässertypen gegeben („vgl. LAWA-Typ X“).<br />

Prägende Faktoren der Ufer- <strong>und</strong> Auenvegetation sind<br />

die Häufigkeit <strong>und</strong> Dauer <strong>von</strong> Überflutungen, die Strömung,<br />

die Wasserbeschaffenheit, das Ufer- bzw. Auensubstrat<br />

<strong>und</strong> die Talform. Wegen der wechselnden<br />

Standorteigenschaften im Längsverlauf der Fließgewässer<br />

unterscheidet sich die Vegetation entlang <strong>von</strong><br />

Gebirgsbächen, wo die Aue nur fragmentarisch ausgebildet<br />

sein kann, <strong>von</strong> der Vegetation entlang der Hügelland-<br />

<strong>und</strong> Flachlandgewässer. Dabei kann auch die<br />

Größe der Fließgewässer <strong>und</strong> ihre <strong>von</strong> den Jahreszeiten<br />

bestimmte Wasserführung eine Rolle spielen.<br />

Die Vegetation im Leitbildzustand, also die gewässertypische<br />

Ufer- <strong>und</strong> Auenvegetation <strong>von</strong> Fließgewässern,<br />

besteht vorrangig aus Gehölzen unterschiedlicher<br />

Ausprägung. Kleinflächig gibt es aber auch <strong>von</strong><br />

Natur aus gehölzfreie Standorte in den Ufer- <strong>und</strong><br />

Auebereichen. Sie sind z. B. an aufgerissenen Lücken<br />

im Gehölzgürtel <strong>und</strong> auf trockengefallenen Uferbänken<br />

anzutreffen. Hier siedeln u. a. Pionierfluren sowie<br />

verschiedene Röhrichte <strong>und</strong> Uferstaudenfluren. Die<br />

Weichholzaue wird regelmäßig überflutet <strong>und</strong> weist<br />

hohe Wasserstände an bis zu über 200 Tagen im Jahr<br />

auf. Auf höherem Niveau schließt sich die weniger<br />

häufig überflutete Hartholzaue an (vgl. Kap. 4.2.3:<br />

Maßnahmensteckbrief U 6 – Erhalt <strong>und</strong> Entwickeln gewässertypischer<br />

Gehölzbestände).<br />

In den Kerbtalbächen des Gr<strong>und</strong>gebirges (vgl. LAWA-<br />

Typ 5) fehlen bachbegleitende Auenwaldgesellschaften<br />

weitgehend. Hier bildet <strong>zum</strong>eist der angrenzende Buchenwald<br />

oder Ahorn-Eschen-Mischwald einen Kronenschluss<br />

über dem Bach. Gleiches gilt für die Bäche<br />

der Vulkangebiete (vgl. LAWA-Typ 5). Weiter unterhalb,

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