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Aichholzer N., Friedhuber, J.(2003) - Ludwig Boltzmann Institut für ...

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kann - andererseits sich aber dem Club und seinem Zwang freiwillig und gerne unterwirft.<br />

Die Jugendlichen entscheiden sich letztlich selber dazu, dabei zu sein. Sie bringen eine<br />

gewisse Bereitschaft mit, die Regeln und eben das Rauchen zu akzeptieren.<br />

Gleichzeitig macht die rede vom Gruppendruck oder Clubzwang nur Sinn, wenn ein<br />

Zuwiderhandeln negativ sanktioniert werden würde. Solche negativen Folgen des nein<br />

Sagens konnten wir allerdings keine finden.<br />

Ein Bursch beschreibt das sehr schön:<br />

"B2: Nein, es wäre nicht so gewesen, dass ich nicht hätte nein sagen können, aber<br />

es war auch nicht so das innere Bedürfnis zum Nein sagen da. Es war einfach<br />

so ein gegebener Zustand. Ich habe eine bekommen, ich habe eine<br />

genommen. Ich hab auch nicht, hab auch nicht, wenn ich keine bekommen<br />

habe, habe ich auch nicht danach gefragt, es war einfach so." (Simon M<br />

185/209)<br />

Die Gruppe scheint dadurch wirksam zu sein, dass sie Gelegenheiten schafft zu rauchen.<br />

Der Griff zur Zigarette kann dann nahezu automatisch und unbewusst erfolgen, es bedarf<br />

jedoch keines Drucks. Im Beispiel hätte der Junge nur „ein inneres Bedürfnis“ gebraucht,<br />

nein zu sagen. Er hätte die angebotenen Zigaretten genauso gut ablehnen können, ohne<br />

dass dies zu Sanktionen geführt hätte.<br />

In gewisser Weise unterstützt er damit eine ganz andere Interpretation, die wir hier anbieten<br />

wollen, nämlich dass das Gruppendrucktheorem von den Jugendlichen mittlerweile als<br />

Legitimation ihrer Entscheidung zu rauchen missbraucht wird. Denn sie wissen sehr genau,<br />

dass es sich dabei um ein unerwünschtes „Fehlverhalten“ handelt, insbesondere wenn sie<br />

die gesetzliche Altersgrenze noch nicht erreicht haben. Und sie hören von Eltern und<br />

Lehrern und Medien immer wieder, dass sie Opfer einer verzwickten Peer Group Situation<br />

seien.<br />

Auch die folgende Gesprächssequenz unterstützt diese These. Die Jugendlichen sagten,<br />

dass sie rauchen, wenn sie Lust dazu haben. Darauf will die Interviewerin dies genauer<br />

verstehen:<br />

"I: Wer Lust kriegt, der nimmt halt sein Packerl raus und dann rauchen auch alle<br />

anderen?<br />

M2: Ja.<br />

M3: Oder es fragt meistens eigentlich immer jemand. Es nimmt eine die<br />

[Zigaretten] raus und dann fangen alle an, kannst Du mir eine Zigarette geben<br />

oder hast Du noch eine Zigarette und dann rauchen eh eigentlich alle."<br />

(Trummelhof 1187/1217)<br />

Auch hier ist ein Druck von Rauchern gegenüber Nicht-Rauchern, das Rauchen<br />

aufzunehmen, nicht auszumachen. Eher scheint sich das Rauchen wie ein Lauffeuer<br />

innerhalb der Gruppe zu verbreiten, leicht wie über verdorrtes Steppengras. Die<br />

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