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Aichholzer N., Friedhuber, J.(2003) - Ludwig Boltzmann Institut für ...

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ästhetischen Bedeutungen der sozialen, an der Person haftenden Zuordnung. Der Raucher<br />

unterscheidet sich heute nicht mehr prinzipiell vom Nichtraucher, so wie das in der ersten<br />

Hälfte des letzten Jahrhunderts noch war, als die rauchende Frau eine Femme fatale und die<br />

gutbürgerliche Hausfrau unbedingt eine Nichtraucherin, der rauchende Mann ein<br />

Außenseiter oder Arbeiter, der gutbürgerliche Vater jedoch unbedingt ein Nichtraucher war.<br />

In den Filmen der siebziger Jahre verflücht sich diese Differenz allmählich, indem nun jede<br />

und jeder rauchen darf, und zwar immer und überall, wie das Michel Piccoli und Romy<br />

Schneider in ihren Filmen beispielhaft vorgeführt haben. Geblieben ist, dass das Rauchen<br />

<strong>für</strong> jeden möglich ist, geändert sich seither jedoch radikal, dass Rauchen nicht mehr in jeder<br />

erdenklichen Situation möglich und erwünscht ist. Rauchen ist daher auf bestimmte<br />

Situationen beschränkt, die dadurch gekennzeichnet sind, dass der Raucher oder die<br />

Raucherin eine Art Auszeit nimmt und sich ihren inneren psychischen Zuständen zuwendet.<br />

Hier tut die Zigarette ihre Wirkung.<br />

Diese Wirkungen zu erkennen ist die eigentliche Schwierigkeit und der eigentliche<br />

Lernprozess des Rauchers, ganz ähnlich wie das von Howard Becker <strong>für</strong> Marihuana-<br />

Raucher in den 60er Jahren festgestellt worden ist.<br />

Der wesentliche Vorteil des Karrieremodells liegt darin, dass dieser Perspektivenwechsel<br />

auch neue Blicke auf die Möglichkeiten der Prävention ermöglicht. Durch die Rekonstruktion<br />

des Einstiegs in das Rauchen als sozialen Prozess werden Interventionsmöglichkeiten<br />

sichtbar, die nicht allein am Individuum ansetzen und dieses zu mehr Einsicht, zu besseren<br />

Entscheidungen, zu mehr Rückgrat und persönlicher Stärke oder zu anderen Motiven<br />

bekehren sollen, sondern die an den sozialen Rahmenbedingungen des Prozesses und<br />

seinen Eckpunkten ansetzen. Es wird dann nicht so sehr und nicht ausschließlich darum<br />

gehen, die individuellen Fähigkeiten zu fördern, die man braucht, um nein zu sagen („Ich<br />

brauch´s nicht“; „Be smart – don´t start“) und sich gegen die Versuchungen der Drogenwelt<br />

zu wappnen („Stark statt süchtig“), sondern darum, das Grunddilemma der Jugendlichen zu<br />

bearbeiten, das darin besteht, in einer Gesellschaft erwachsen werden zu müssen, die da<strong>für</strong><br />

jedoch keine klaren sozialen Positionen vorgesehen hat. Am deutlichsten wird dieses<br />

Dilemma an der Schwierigkeit von Schule sichtbar. Dort sollen sich Jugendliche in einem<br />

System, in dem sie sich die meiste Zeit des Tages aufhalten und das nach allen<br />

systemischen Merkmalen <strong>für</strong> unmündige, <strong>für</strong>sorgeabhängige Kinder konstruiert wurde, wie<br />

Erwachsene benehmen.<br />

Um noch einmal Harry Potter zu bemühen: im vierten Band muss J.K. Rowling´s Romanheld<br />

am trimagischen Turnier teilnehmen, was ihm einen außerordentlichen Triumph oder aber<br />

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